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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Schönheitsdrama

Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen

Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen

Zwischen 1943 und 1955 drehte Anton Giulio Majano mindestens sieben Spielfilme. Beim Drama „Ketten der Leidenschaft“ („L'eterna catena“, Italien 1952) arbeitete er immerhin mit Marcello Mastroianni zusammen, im humorvoller angelegten „Ein Sonntag in Rom“ („La domenica della buona gente“, Italien 1953) spielte Sophia Loren mit. Nach 1955 arbeitete Majano hauptsächlich für das Fernsehen, sodass „Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen“ einer seiner wenigen nach 1955 entstandenen Spielfilme ist. Majanos Frühwerk, das stärker auf Beobachtungen als auf Sensationen ausgelegt ist, mag ihn dazu veranlasst haben, auch bei dem rustikal angelegten Horrorstoff „Seddok...“ das innere Drama zu suchen.
Die Stripperin Jeanette Moreneau (Susanne Loret) baut einen schweren Autonunfall, nachdem ihr Freund Sacha (Roberto Bertea) sie verlassen hat. Die hübsche Blondine überlebt den Vorfall zwar, aber sie ist von nun an durch Brandverletzungen im Gesicht für immer entstellt. Der privat forschende Wissenschaftler Alberto Levin (Alberto Lupo) will sich Jeanettes Verzweiflung zunutze machen. An ihr kann er sein Serum 28 testen, dass zerstörte Zellen verschwinden lassen soll. Levins Assistentin Monique (Franca Parisi) überredete die Stripperin mit Erfolgsversprechungen, sich für das Experiment zur Verfügung zu stellen. Doch es zeigt sich, dass eine einmalige Behandlung keinen dauerhaften Effekt besitzt. Deswegen sieht Levin nur eine Chance. Mangels weiterer Serumvorräte muss er Jeanette im Dienste der Wissenschaft die weiblichen Drüsen transplantieren, aus denen das Serum gewonnen wurde. Er verwandelt sich mithilfe des Serums 25 zeitweise in ein gefühlloses Monster, um wehrlose Frauen ohne Reue töten zu können. Ihnen entnimmt er die Drüsen für sein wissenschaftliches Experiment, das er längst auch aus entflammter Liebe für Jeanette durchführt.

Natürlich kann man nur spekulieren, aus welchem Grund Majano den Horrorstoff mit deutlichen Anleihen bei Robert Louis Stevensons brillanter Novelle „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ ohne Interesse für Spannungssequenzen inszeniert hat. Abwegig ist die Konzentration auf das Innenleben der Figuren jedoch nicht, schließlich hat sich schon Stevenson metaphorisch mit den widerstreitenden Trieben des Menschen auseinandergesetzt. Während die Mordszenen in „Seddok...“ stets wie lästige Nebensächlichkeiten schnell abgehakt werden, spielen die Gefühle der Stripperin und des Wissenschaftlers die Hauptrollen. Beides läuft auf eine unreflektierte Huldigung der Makellosigkeit hinaus. Jeanette stürzt in eine tiefe Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen Krise, weil ihr schönes Gesicht zerstört wurde, Levin ist von dieser Schönheit besessen. Natürlich lässt sich nachvollziehen, dass Brandverletzungen im Gesicht zu einer psychischen Belastung werden können, zumal die Schönheit auch das Kapital einer Stripperin ist, aber solche Aspekte lässt Majano ebenso außen vor wie er sich nur dem Ideal einer unversehrten Haut widmet. Jeanette lamentiert über ihre Verletzungen, ohne zu hinterfragen, welche Probleme sich daraus wirklich ergeben. Im Gegenzug beweist Levins Besessenheit, mit der er sein Experiment auf skrupellose Weise trotz tödlicher Kollateralschäden fortführt, dass er nicht Jeanette, sondern lediglich ihre körperliche Hülle liebt.
Schönheit als Idealbild durchzieht unterschwellig viele Filme, denn die visuelle Präsentation dockt sich gerne an den ästhetischen Mainstream an, um den ökonomischen Erfolg nicht zu gefährden. Darsteller und Darstellerinnen feiern leichter Erfolge, wenn sie als schön gelten. Das lässt sich immer kritisieren, wenn man einen allgemeinen Rundumschlag gegen die Darstellungsprinzipien im Filmgeschäft plant, kann im konkreten Fall aber in der Regel vernachlässigt werden. „Seddok...“ geht jedoch noch einen Schritt weiter. Denn mangels anderer Aspekte forciert Majano die Konzentration auf die Schönheit so intensiv, dass sie zum zentralen Thema das Films wird. Das hinterlässt schnell einen schalen Nachgeschmack. Denn zur plumpen Götzenanbetung gesellt sich auch noch das Gegenstück. Levin verwandelt sich zeitweise in ein Monster, um morden zu können. Die Bösartigkeit des Hässlichen und die Reinheit des Makellosen sind Ausdruck eines zutiefst fragwürdigen Menschenbildes, das vollkommen isoliert den gesamten Film trägt. Diese Isolation sorgt dafür, das keinerlei Relativierungen vorhanden sind, die der Anpreisung einer solchen Sichtweise entgegen treten könnten.

Bildqualität

Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen

Die DVD verfügt über ein sauberes, aber recht matschiges Bild. Die weichen Konturen sind dem Zahn der Zeit geschuldet. Insgesamt kann man mit der Schärfe aber leben, zumal das Bild ruhig aussieht. Der Kontrast ist in Ordnung, ohne sich zu besonderen Höhen aufschwingen zu können. Allerdings muss man sagen, dass die Kameraarbeit selbst auch nur selten inspiriert ist, sodass so manches Bild vielleicht auch deswegen etwas flach aussieht. Da kann die DVD natürlich nicht nachholen, was das Filmteam 1960 versäumt hat.

Tonqualität

Bei den Tonspuren kann die italienische Version ihre deutschen und englischen Kollegen qualitativ locker abhängen. Hintergrundrauschen ist nur minimal vorhanden und die Dialoge klingen klar und verständlich. Sie ist nur bei der italienischen Langfassung vorhanden, für die auch noch ein englischer Ton existiert. Der klingt deutlich dumpfer und verrauschter, ist aber weitgehend verständlich. Eine deutsche Tonspur existiert nur bei der kürzeren deutschen Kinofassung, dafür aber gleich dreimal. Zur unrestaurierten Version gesellen sich eine Fassung im Zwischenstadium der Aufbereitung und schließlich die endgültig restaurierte Tonspur. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man die Bearbeitungsschritte ein wenig nachvollziehen kann, man hat auch die Wahlfreiheit. Und die schadet nicht, weil man durchaus darüber streiten kann, ob die final restaurierte Fassung am besten klingt. Ich persönlich finde, dass sie durch das Herausfiltern des Hintergrundrauschens viel zu dumpf geworden ist, als das sie dem Film atmosphärisch gerecht werden könnte. Sie fügt sich nicht in das Geschehen ein, sondern klingt wie Geräusche aus einer anderen Filmrealität, die nicht zu sehen ist. Das Zwischenstadium hingegen weist weniger Rauschen als die stark beeinträchtigte Ursprungsversion auf, besitzt aber noch genügend Bindung zum visuellen Geschehen. Deswegen halte ich sie für die gelungenste der Tonspuren. Die Dialoge sind bei allen drei Fassungen verständlich.

Extras

Weil der Ton auf der ursprünglich produzierten zweiten DVD mit der ungeschnittenen Originalfassung des Films asynchron ist, wurde der Veröffentlichung eine dritte DVD mit synchroner Tonspur beigelegt. Die DVD mit dem asynchronen Ton sollte man aber keinesfalls entsorgen, da nur auf ihr das zusätzliche Bonusmaterial zum Hauptfilm enthalten ist. Die dritte DVD mit dem synchronen Ton enthält es nicht, dafür aber den rund 12-minütigen Kurzfilm „Dead Continue“ von Rolf Höhne. In dem netten Werk geht es um einen Autoren, der eine Geschichte fortführt, die ein ihm unbekannter Schriftsteller auf einer Schreibmaschine begonnen hat. Die Hauptfigur hat diese Schreibmaschine gefunden. Bei der Arbeit an der Erzählung stellt sich jedoch heraus, dass irgendetwas Unheimliches vorgeht.
Auf der ersten DVD mit der rund 83-minütigen deutschen Kinofassung befindet sich als Bonus die unrestaurierte Version des Films, deren Bild ungleich körniger und unschärfer aussieht sowie ein Ausschnitt aus der deutschen Super-8-Fassung des Films, der in Sachen Körnigkeit und grober Bilddarstellung noch einmal einen drauf setzt. So lässt sich gut nachvollziehen, was bei der restaurierten Fassung aus dem Material herausgeholt wurde.
Eine Bildergalerie ist hier ebenfalls vorhanden.

Die zweite DVD enthält das weitere Bonusmaterial. Bei den gut 14 Minuten geschnittenen Szenen handelt es sich um die Teile, die in der italienischen Originalfassung enthalten sind, aus der deutschen Version aber entfernt wurden. So lässt sich genau nachvollziehen, was man dem deutschen Publikum nicht zumuten wollte. Zusätzlich ist die Eröffnungssequenz der amerikanischen Filmfassung mit dem Titel „Atom Age Vampire“ sowie deren komplette englischsprachige Tonspur enthalten. Der Ton weist teilweise jedoch starke Störungen auf. Zusätzlich befinden sich zwei Trailer auf der DVD.

Das 8-seitige Booklet enthält einen Text, in dem kurz auf den Filminhalt, die Vita des Regisseurs und die Fassungsgeschichte des Films eingegangen wird. Außerdem enthält es Teile des deutschen Werbematerials der damaligen Zeit.

Fazit

„Seddok – Der Würger mit den Teufelskrallen“ erzählt den an „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ angelehnten Stoff als reine Huldigung an die Makellosigkeit, die unter allen Umständen gerettet werden muss. Schönheit ist hier nicht nur erstrebenswert, sondern auch gut, während Hässlichkeit mit dem Geruch des Bösen konnotiert ist. Das darin zum Ausdruck kommende Menschenbild trägt den Film alleine, sodass sein Unterton alles überstrahlt. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

25.05.2013

   
Originaltitel Seddok, l'erede di Satana aka. Atom Age Vampire (Italien 1960)
Länge 103 Minuten (Pal)
Studio Ostalgica
Regie Anton Giulio Majano
Darsteller Alberto Lupo, Susanne Moreneau, Sergio Fantoni, Franca Parisi, Andrea Scotti, Rina Franchetti, Roberto Bertea, Ivo Garrani, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch
Untertitel Deutsch, Englisch
Extras Unrestaurierte Kinofassung, Ausschnitt der unrestaurierten Super-8-Fassung, Geschnittene Szenen, Trailer, 8-seitiges Booklet, u.m.
Preis ca. 28 EUR
Bewertung schwach, technisch angesichts des Filmalters in Ordnung