Am Ozean ist Endstation

Verflucht, Verdammt und Halleluja

Verflucht, Verdammt und HallelujaOhne Bud Spencer drehte Terence Hill mit Trinita-Regisseur Enzo Barboni Anfang der 70er Jahre einen stärker am US-Western orientierten Beitrag zu den Italowestern-Komödien. Darin greift Barboni den mythologischen Westen als Ort der Freiheit auf, ein Thema, das Werke von „Mit stahlharter Faust“ („Man without a Star“, Regie: King Vidor, 1955) bis „Butch Cassidy und Sundance Kid“ (Regie: George Roy Hill, 1969) den US-Western bevölkert. In „Verflucht, Verdammt und Halleluja“ verkörpert Hill einen englischen Jüngling mit Upper-Class-Manieren, die im traditionellen Westen nur Stirnrunzeln hervorrufen. Er ist der Sohn einen Banditen, der inzwischen das Zeitliche gesegnet hat. Dessen drei Mitstreiter, ebenfalls echte Kriminelle des alten Westens, sollen nach dem letzten Willen des Verstorbenen aus dem aufstrebenden Jüngling mit Hang zu Gedichten aus der Feder Walt Whitmans einen Mann machen. Der dafür nötige Antrieb erscheint in Gestalt Candidas, der hübschen Tochter eines Ranchers, in die sich der Lyrik-Liebhaber verguckt hat. Gegen trautes Verssäuseln an den Ufern eines landschaftlich ebenso schönen wie inspirierenden Sees hat aber nicht nur Candidas Vater etwas einzuwenden, sondern auch dessen Vorarbeiter, dem die junge Frau versprochen wurde. Dessen raubeinige Art lässt sich nicht so einfach mit ein paar geschliffenen Worten bekämpfen. Auch wenn die Zivilisation unaufhörlich auf dem Vormarsch ist, ein paar archaische Fertigkeiten bleiben in der Übergangsphase nützliches Rüstzeug.

So derbe Regisseur Enzo Barboni in den Kneipenschlägereien die Regeln des Genres bedient, so ruhig schleicht sich der Wandel in das Bild des Westens ein. Während die drei Banditen auf Pferden in die Stadt reiten, fährt der ihnen anvertraute „Schüler“ mit einem Fahrrad vorneweg. Das durchaus grotesk erscheinende Bild benötigt keine weiteren Worte, um das Ende des alten Westens heraufzubeschwören. Noch lachen die Stadtbewohner über den komischen Kauz auf dem ungewöhnlichen Gefährt, aber schon jetzt ist klar, dass ihr Lachen nur Ausdruck der Todeszuckungen einer Realität ist, die es schon bald nicht mehr geben wird. Mit inszenatorisch dezenten Mitteln schlägt Barboni einen elegischen Ton an, der über die sympathische Verflucht, Verdammt und Halleluja Figurenzeichnung der im eigenen Umfeld herzensgut auftretenden Banditen dem mythologischen Ort der Freiheit auch mit Wohlwollen gegenüber steht. Der Wandel verändert nicht eine grundsätzlich schlechte Realität, sondern er ist nur Ausdruck eines Fortschritts, der eine Ära beenden wird, deren Zeit einfach gekommen ist. Die unkontrollierte Freiheit, die als Sehnsucht innerhalb des Mythos beschworen wird, muss einer kontrollierten Freiheit weichen, da ohne regulierendes Regelwerk der wirtschaftliche Aufstieg nicht gelingen kann. Hills Figur, die das Land um die Hütte urbar machen will, in der sie mit den drei Banditen haust, verkörpert folglich einen Wirtschaftswachstumsansatz, während die Mitstreiter seines verstorbenen Vaters daran kein Interesse haben.

Barboni reflektiert sowohl über die Chancen der Veränderung als auch über den damit verbundenen Verlust. Seine schönen Landschaftsaufnahmen besingen, auch wenn sie in Kroatien entstanden sind, noch einmal die Weite sowie Reichhaltigkeit eines Landes, das es in dieser Weise nicht mehr geben wird. Das Aufeinandertreffen distinguierter Umgangsformen mit der Kraft des Stärkeren sorgt für eine komödiantische Note, der immer auch ein Stück Trauer inne wohnt, da der Gegensatz unter den Hauptfiguren ohne eindeutige Wertung vorgetragen wird. Wenn die drei Banditen, die stets nach dem Grundsatz gelebt haben, das sie eben nur weiter nach Westen ziehen müssten, wenn der Stacheldraht und das andere neumodische Zeug kommt, am Ende vor dem Ozean stehen und hinter ihnen das Pfeifen eine Zuges zu hören ist, dann erreicht Barbonis zart-elegische Inszenierung ihren Höhe- und Endpunkt.

Bildqualität

Das Bild der DVD ist recht ordentlich, angesichts des Filmalters sogar fast gut, aber sichtbar schwächer als andere Italowestern-Veröffentlichungen Koch Medias. Verschmutzungen treten nur selten in Erscheinung, dafür ist eine immerwährende, sehr dezente Verregnung sichtbar. Die Konturen wirken oftmals ein wenig weich, so dass das Bild im Verbund mit der reduzierten Detailfreude einen leicht matschigen Eindruck bekommt. Das gilt vor allem für Totalen, in denen tiefer im Raum befindliche Elemente zu Unschärfen neigen. Die Farben sind leicht ausgebleicht, sorgen aber noch für eine optisch gelungene Atmosphäre. Das Hintergrundrauschen ist ein stetiger Begleiter, während sonstige Rauschmuster nicht in Erscheinung treten.

Tonqualität

Die Tonspuren liefern verständliche Dialoge und bei der deutschen sowie italienischen Variante ein leichtes Hintergrundrauschen, das sich beim englischen Ton stärker in den Vordergrund spielt. Die Verzerrungen gehen über das übliche Maß nicht hinaus, die deutsche Tonspur macht hier die beste Figur.

Extras

Hinter „Profession: Acrobat“ (Featurette mit Darsteller Riccardo Pizzuti) verbirgt sich ein etwa 35minütiges Interview mit dem Stuntman und Nebendarsteller, in dem er sich an seine Arbeit bei zahlreichen Italowestern erinnert und auch Anekdoten bereit hält. Die sehr persönlichen Aussagen werden vor allem extrem verbittert, wenn es um seinen nach eigener Aussage etwa dreinhalbjährigen Gefängnisaufenthalt geht. Ihm sollen Verbindungen zur Camorra vorgeworfen worden sein. Da er sich in der Zeit von seinen ehemaligen Mitstreitern – er nennt sehr oft Terence Hill und Bud Spencer – im Stich gelassen gefühlt hat, ist sein Verhältnis zu den beiden Verflucht, Verdammt und Hallelujaund anderen Bekannten aus alter Zeit wenig freundschaftlich. Seine Aussagen sind das Produkt tiefer Verbitterung. Der etwa 14minütige Beitrag „'E poi lo chiamarono il magnifico' – Eine Filmanalyse“ zeigt den Filmjournalisten Antonio Bruschini, der ein paar Motive innerhalb des Films und Querbezüge zu anderen Titeln erläutert sowie auf die Darsteller eingeht. Insgesamt recht interessant. Besonders hervorheben muss man bei dieser DVD auch das 44seitige Booklet, das als kleines Buch diverse Aspekte des Films sowie der Produktion (Produzent Alberto Grimaldi, Regisseur Enzo Barboni, Kamera, Dreharbeiten, Filmmusik, Synchronisation, etc.) näher beleuchtet. Eine Bildergalerie und zwei Trailer runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

Regisseur Enzo Barboni verknüpft bei „Verflucht, Verdammt und Halleluja“ komödiantische Töne über den Zusammenprall zwischen Fortschritt und altem Westen mit einer melancholischen Betrachtung über den Verlust der Freiheit. Der mythologische Ort des Westens wird angesichts der Neurungen weichen. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel E poi lo chiamarono il magnifico (Italien/Frankreich/Jugoslawien 1972)
Länge 120 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Enzo Barboni
Darsteller Terence Hill, Gregory Walcott, Yanti Somer, Dominic Barto, Harry Carey Jr., u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Italienisch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Featurette mit Filmhistoriker Antonio Bruschini, Trailer, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch in Ordnung