Typhoon – Special Edition (2 DVDs)

Im Auge des Typhoons herrscht Ruhe

Eine politische Botschaft und der persönliche Rachefeldzug der zweiten Hauptfigur sollen aus dem südkoreanischen Action-Thriller „Typhoon“ ein ebenso berührendes wie wuchtiges Stück Kino machen. Regisseur und Drehbuchautor Kyung-Taek Kwak scheitert leider an der unglücklichen Gruppierung seiner viel versprechenden Dramaelemente. Gleich zu Beginn wird nordöstlich von Taiwan ein unter amerikanischer Flagge fahrender ziviler Frachter aufgebracht. Die Piraten gehen mit äußerster Brutalität vor, weil sie um die ungewöhnliche Ladung wissen, welche durch den US-Geheimdienst bewacht wird. Da die südkoreanische Regierung aufgrund eigener Erkenntnisse über den militärischen Hintergrund des zivilen Frachters informiert ist – Raketenteile zum Aufbau entsprechender Waffensysteme in Japan mit Ziel koreanische Halbinsel -, erhält ein Spezialagent den Auftrag, in das Geschehen einzugreifen. Obwohl das eigentliche Ziel Nordkorea gewesen wäre, sind die Südkoreaner nicht gewillt, tatenlos die Stationierung solcher Waffensysteme hinzunehmen. Ihr Agent stößt bei seinen Recherchen auf die Hintergrundgeschichte des Piraten, der den Frachter überfallen hat. Dabei handelt es sich um einen Nordkoreaner, der vor 20 Jahren mit seiner Familie in die österreichische Botschaft in Peking geflüchtet ist, um nach Südkorea zu gelangen. Aus politischen Gründen wurden er und die anderen Flüchtlinge jedoch den Nordkoreanern ausgeliefert. Nur er und seine Schwester konnten fliehen, wurden aber später getrennt. Jetzt plant der Pirat einen terroristischen Anschlag auf Nord- und Südkorea. Gleichzeitig versucht er seine Schwester aufzuspüren, die als todkranke Prostituierte in Russland arbeitet.

„Typhoon“ besitzt alles, was ein ausgezeichneter Action-Thiller mit hochemotionaler Inszenierung braucht: einen fiesen terroristischen Plan, eine schicksalgetränkte Hintergrundgeschichte und zwei entschlossen agierende Hauptfiguren. Allein die Erzählweise verhindert, dass der Film seine Qualitäten ausspielen kann. Die reichlich verworrene Einführung, in der das Geschehen von Land zu Land hüpfend nur ganz langsam ein stimmiges Bild zusammen fügt, lässt sich noch hinnehmen, da nach etwa 40 Minuten weitgehend Klarheit über die Handlung herrscht. Den entscheidenden Fehler begeht Kyung-Taek Kwak, indem er die emotionale Hintergrundgeschichte um die tragische Flucht aus Nordkorea, die für die Familie des Piraten tödlich endete, nicht nur in der Mitte des Films aufrollt, sondern auch mehr oder weniger abschließt. Im Laufe einer dramatischen Actionszene führt Kyung-Taek Kwak die verschiedenen Handlungselemente zu einem wuchtigen Höhepunkt, in dem er sie aufeinander prallen lässt. Danach spielt der menschliche Kern um das Geschwisterpaar kaum eine Rolle mehr – eine kurze, nur wenige Sekunden dauernde Szene beendet im Finale schließlich den Handlungsstrang. Der Hass hat stattdessen das Regiment übernommen, damit Action in den Vordergrund rücken kann. Sie erzählt gegen Ende aber nur noch vom physischen Kampf der beiden Antagonisten. Dabei bleibt vor allem die Wut des Piraten abstrakt, da das lebende Mahnmal – seine todkranke Schwester – aus der Handlung weitgehend entsorgt wurde. Dadurch kastriert Kyung-Taek Kwak das innewohnende Drama, das in dieser Form keinerlei Potenz mehr besitzt. Übrig bleiben Raserei auf Seiten des Piraten und flammender Patriotismus auf Seiten des Agenten. Woher beides kommt, verliert sich in den Untiefen der Erzählung. Da das Finale darüber hinaus hölzern geschnitten wurde, langweilt „Typhoon“ nach einer guten Stunde Laufzeit nur noch.

Bildqualität

Ohne Verschmutzungen oder Bilddefekte präsentiert sich „Typhoon“ mit sehr guter Schärfe auf der DVD. Das detailreiche Bild besitzt eine stilisiert-unterkühlte Farbpalette, welche die Atmosphäre sehr gut einfängt. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild, das auch in dunklen Szenen trotz tiefem Schwarzwert keine Details verschluckt. Das leichte Hintergrundrauschen ist bedeutungslos.

Tonqualität

Der 5.1-Ton liefert eine hübsche Surround-Kulisse, die vor allem im Finale zu größerer Form aufläuft. Schussgeräusche, Sturm, Regen und Meeresbrausen nutzen auch die hinteren Lautsprecher. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten der vorderen Boxen gut einbezogen. Die Dialoge sind klar und verständlich, Rauschen gibt es nicht.

Extras

Der Audiokommentar von Kyung-Taek Kwak (Regie) und Jung-Jae Lee (Darsteller) liefert viele Informationen auf dem Niveau „Bei dieser Szene war es kalt“, „da hatten wir 40 Grad“ sowie Inhaltsangaben. Nur selten geht der Kommentar darüber hinaus, wenn bestimmte künstlerische Entscheidungen erläutert werden. Insgesamt ein bestenfalls mittelprächtiger Kommentar.

Auf einer zweiten DVD befindet sich das etwa 47minütige Making Of, das Filmausschnitte, Interviews der Schauspieler sowie des Regisseurs und B-Roll-Material vereint. Während das B-Roll-Material selbst deutsch untertitelt im Wesentlichen nur Füllmaterial ist, sind die Interviewsequenzen informativer. Vor allem Regisseur Kyung-Taek Kwak legt seine Vision offen und verdeutlicht eindrucksvoll, wie sehr er an seinen Ambitionen gescheitert ist. So berichtet er, dass sich in der Figur des Piraten Romantik und Hass verbinden sollen. Während letzteres tatsächlich vorhanden ist, fehlt in dieser rachegeleiteten Existenz jeglicher Form der Romantik. An vielen Stellen des Films fallen Anspruch und Wirklichkeit in ähnlicher Weise auseinander.

Der etwa 20minütige Abschnitt „The two Typhoons Jung-Jae Lee vs. Dong-Kun Jang“ stellt in vergleichbarer Weise wie das Making Of die beiden Hauptcharaktere in den Mittelpunkt. Beide Darsteller erläutern ihre Figuren, dazu sind Filmausschnitte zu sehen. Fünf weitere Kurzdokumentationen mit den Titeln Prolog (etwa zweieinhalb Minuten), Location (etwa 24 Minuten), Produktionsdesign (etwa 21 Minuten), Visuelle Effekte (etwa neun Minuten), Tattoo (etwa sieben Minuten) und Epilog (etwa 11 Minuten) widmen sich weiteren Themenbereichen der Produktion. Während Prolog und Location kaum neue Informationen bieten, sind vor allem die Kapitel Produktionsdesign und Visuelle Effekte sehr interessant. Hier wird im Detail gezeigt, wie Modelle, Digitaltechnik oder andere Hilfsmittel eingesetzt werden, um die dramatischen Szenen zu inszenieren. Sehr spannend ist beispielsweise der Einsatz von Wasserrutschen, um im Finale des Films über das Schiffsdeck rauschende Brecher zu simulieren. Der Epilog zeigt Aufnahemen von der Premiere.

Fazit

„Typhoon“ hätte das Zeug zu einem großen, emotionalen Actionfilm gehabt, Regisseur Kyung-Taek Kwak scheitert aber an seinen Ambitionen und wirft ab der Mitte des Films die berührende Bruder-Schwester-Geschichte zugunsten eines mit keinen Nuancen versehenen Racheplots über Bord. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial durchwachsen. Während der Audiokommentar schwächer ausfällt, können Teile des übrigen Bonusmaterials punkten.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Taepung (Südkorea 2005)
Länge 120 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie Kyung-Taek Kwak
Darsteller Dong-Kun Jang, Jung-Jae Lee, Mi-yeon Lee, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Koreanisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Kyung-Taek Kwak (Regie) und Jung-Jae Lee (Darsteller), Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gescheitert, technisch sehr gut