Sex im Angesicht der Zombies

The Stink of Flesh

Jeder Jäger weiß, dass die entsprechende Losung des Wildes wertvolle Hinweise für die Jagd geben kann. Die Menschheit hat in den bisherigen Zombiefilmen entweder nicht die Gelegenheit gehabt, diesen Umstand zu berücksichtigen, oder er wurde sträflich vernachlässigt. „The Stink of Flesh“ schließt diese Lücke ebenso wie er der in der Vergangenheit kaum beachteten Frage nachgeht, auf welche Weise die Menschen im Angesicht der Zombie-Apokalypse ihr sexuelles Vergnügen organisieren können. Dexy hat zusammen mit ihren Mann Nathan ein eigenes System entwickelt, um der schwinden Zahl möglicher Interaktionspartner zu begegnen. Auf Anweisung Dexys zieht Nathan mit dem Auto los, um gesunde Männer als Sexsklaven für seine Frau zu entführen. Gerade hat Matool noch Zombies mit Hammer und Zimmermansnägeln bearbeitet, schon liegt er niedergeschlagen und gefesselt auf der Ladefläche des Pickups, an dessen Steuer Nathan sitzt. Zunächst findet Matool die Vorstellung, ein bisschen Sex mit Dexy im einsam in der Wüste New Mexikos gelegenen Haus zu haben, gar nicht schlecht. Es stört ihn auch nicht, dass Nathan dabei zusieht, aber spätestens als drei Soldaten auftauchen, die im Schlafzimmer für ihren Dexy-Einsatz Schlange stehen, weiß er, dass selbst im Angesicht der Zombie-Apokalypse Zusammenhalt um jeden Preis auch keine Lösung ist.

Bier, Pizza und ein paar feine Knabbersachen sind die richtigen Nahrungsmittel, um „The Stink of Flesh“ genießen zu können. Für die Produktion stand laut Regisseur Scott Phillips ein lächerliches Budget über 3000 Dollar zur Verfügung, der Film wurde nur an Originalschauplätzen gedreht, für die keine aufwendigen Bauten notwendig waren, und nicht alle Darsteller besitzen die notwendigen Fähigkeiten. Für die Produktion stand aber das innovative Talent, aus der Not eine Tugend zu machen, und die Liebe zum Genre zu Verfügung, so dass ein weitgehend gelungener Partyfilm mit kleineren Längen entstanden ist. Die Grundgeschichte könnte aus einem Lehrbuch für derbe B-Genre-Ware stammen. Sex und originelle Nahkampfzombieaction (Zimmermannsnägel) liefern den Grundstoff für das dürstende Partyfilmvolk, Humor in der Inszenierung setzt der Mischung noch eins drauf. Gleich zu Beginn setzt die Hauptfigur Matool mit heroischer Geste nach Erledigung eines Zombies eine simple optische Brille auf, welche die coole Inszenierung ironisch konterkariert. Immer wieder streut Scott Phillips solche Ideen ein, um der Apokalypse ihren Schrecken zu nehmen. Eine düstere Stimmung besitzt der Film folglich nicht, dafür aber Reminiszenzen an das Genre. Der Name Matool ist der Inselbezeichnung aus Lucio Fulcis „Woodoo“ entlehnt, für die schnellen Hyper-Zombies gibt Phillips Umberto Lenzis „Großangriff der Zombies“ als Inspiration an. Während die derben Zutaten inklusive des feinen Soundtracks aus Rockabilly-Musik das Unterhaltungspotential nach oben schrauben, sind die zarten Töne zwar eine sehr gute Idee, scheitern aber am schauspielerischen Talent. Zwischen Dexys körperlich herausgeforderter Schwester und einem der Soldaten entwickelt sich eine liebevolle Beziehung, die ein ausgezeichneter Kontrapunkt zu Dexys hedonistischer Sexlust wäre, wenn die Darstellerin die Rolle schultern könnte. Dazu fehlt aber die Fähigkeit für eine nuancierte Mimik und der Wille des Regisseurs, die Nebengeschichte entsprechend in das Hauptgeschehen zu integrieren. So bleibt sie nicht mehr als ein nettes Gimmik. Wer Sexszenen zur persönlichen Erregung braucht, sollte auch einen anderen Film ansehen, da der Tenor die Absurdität und nicht die Attraktivität betont.

Bildqualität

Die Bildqualität des auf Video gedrehten Films fällt recht gut aus. Die Schärfe ist aufgrund des stets etwas zu weichen Bildes zwar nur angenehm, aber die Farbwiedergabe überzeugt mit kräftigen Tönen, die sowohl das Innere der Häuser als auch die Brauntöne der steinigen Wüstengegend gut zur Geltung bringen. Der Kontrast ist ein bisschen zu flach, so dass in dunklen Aufnahmen manche Elemente ein bisschen ineinander verschwimmen. Das leichte Blockrauschen und die stehenden Rauschmuster stören aber kaum.

Tonqualität

Der englische 2.0-Ton mmacht das, was er machen soll. Die Dialoge sind klar und verständlich, störendes Rauschen gibt es nicht. Die Musik kommt gut zur Geltung. Wer es unbedingt möchte kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix mit einer eher schwächeren Synchronisation anhören.

Extras

Der Audiokommentar des Regisseurs Scott Phillips ist recht interessant geworden. Zum einen legt er ausführlich dar, wie es zur Realisierung des Projektes kam, zum anderen schimpft er ab einem bestimmten Zeitpunkt fast nur noch auf das Hollywood-System, in dem er auch eine Zeit lang gearbeitet hat. So hat er unter anderem das Drehbuch für den guten Mark-Dacascos-Action-Film „Drive“ geschrieben. Eine szenenspezifische Betrachtung des Films gerät darüber völlig in den Hintergrund, hier und da folgen aber immer wieder auch weitere Anmerkungen zum Film. Der zweite Audiokommentar mit diversen Darstellern (u.a. Kurly Tlapoyawa, Diva) taugt demgegenüber nichts, da hier nur irgendwelche Begebenheiten vom Dreh erzählt werden, die lediglich dann amüsant sind, wenn man selbst dabei war und sich nostalgisch an sie erinnert.

Das etwa 45minütige Making Of besteht im Wesentlichen aus B-Roll-Aufnahmen, die in der Chronologie des Drehs aufgenommen wurden. Da es sich bei dem Film um eine absolute Low-Budget-Produktion handelt, ist es eine Zeit lang auch interessant, den Leuten beim Proben der Kampfszenen oder anderen Vorbereitungen zuzusehen. Die Bilder vermitteln einen Eindruck, wie mit Enthusiasmus fehlendes Geld wett gemacht wird, über 45 Minuten trägt sich das Konzept aber nicht ganz. Daran ändern auch die „Thoughts for the Day“ nichts, in denen wechselnde Schauspieler, der Regisseur oder andere Mitglieder des Filmteams ihr persönliches Resümee des jeweiligen Drehtages geben. Aufgrund der konsequenten Chronologie, herausgearbeiteten Marksteinen der Dreharbeiten und der Präsentation einiger Spezialeffekte wird das Projekt in seiner konkreten Umsetzung am Set lebendig. „Die Premiere“ (10 Minuten) zeigt Aufnahmen der Vor- und Nachbereitung am Tag der Kinopremiere des Film „The Stink of Flesh“. Selbstverständlich sind auch Bilder der Premiere selbst zu sehen. Garniert wird das Ganze mit Interviewschnipseln, die während der Premierenveranstaltung gefilmt wuurden. Die siebenminütige Outtake-Rolle präsentiert Pannen und nette Begebenheiten vom Dreh. Sehr schön sind die Texttafeleinblendungen, in denen das nachfolgende Material kommentiert und eingeordnet wird. So erhält der Beitrag Qualität.

Der Kurzfilm „Rainville – The Early Years“ (etwa 2 Minuten und 30 Sekunden) zeigt Bob Vardeman in der Rolle des Mr. Rainville, den er auch in „The Stink of Flesh“ verkörpert. Hier erweist sich Mr. Rainville als herummotzender Opa, der seinen Hass auf seine Umwelt in einem durchgehenden Monolog verkündet, während er seine Katze füttert, Auto fährt oder nur aus dem Fenster schaut. Bei den zwei Kurzfilmen „Replica“ (etwa fünf Minuten) und „Overkill“ (etwa 10 Minuten), die in einem Beitrag direkt hintereinander geschnitten wurden, handelt es sich um zwei stumme Super-8-Frühwerke des Regisseurs Scott Phillips. Ein durchgehender Kommentar von Phillips liefert sehr interessante Hintergrundinformtionen zu den Filmen. Natürlich sind beide Werke unglaublich schlecht, aber sie geben einen faszinierenden Einblick in die kreative Welt Jugendlicher, die zum Zeitvertreib Filme drehen. Die Spezialeffekte können sich teilweise auf jeden Fall sehen lassen. So wurden Schwarzpulverbomben verwendet, um Mündungsfeuer nachzustellen. Das ist zwar nicht ungefährlich, aber durchaus effektiv.

Zwei Trailer runden das Bonusmaterial ab, das auf dem Cover angekündigte Drehbuch ist allerdings nirgends zu entdecken.

Fazit

„The Stink of Flesh“ ist ein leicht überdrehter und spaßiger Partyfilm, dessen kleinere Längen das Vergnügen kaum schmälern. Besonders erwähnenswert ist der sehr schöne Soundtrack. Technisch ist die DVD guter Durchschnitt, das Bonusmaterial bietet einige schöne Beiträge.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel The Stink of Flesh (USA 2004)
Länge 82 Minuten (Pal)
Studio Atomik-Films
Regie Scott Phillips
Darsteller Kurly Tlapoyawa, Ross Kelly, Diva, Billy Garberina, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Scott Phillips (Regie), Audiokommmentar mit diversen Darstellern und Scott Phillips, Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung partytauglich, technisch guter Durchschnitt