Finstere Apokalypse

Pulse

Demnächst erscheint ein amerikanisches Remake des Kiyoshi-Kurosawa-Films "Pulse" laufen, über dessen Qualitäten bislang wenig bekannt ist. Eine Ansicht des japanischen Originals sollte der geneigte Fan jedoch nicht unterlassen, denn Kurosawas Horrorfilm gehört zum Besten des Genres.
Über zwei Handlungsstränge bringt "Pulse" zwei Personengruppen in Kontakt mit einer seltsamen Internetseite, die sich ohne eigenes Zutun öffnet und eine Geistererfahrung verspricht. Doch das merkwürdige Angebot hat einen Pferdefuß. Menschen, die mit ihm in Kontakt gekommen sind, verschwinden und melden sich nur noch mit einem Hilfeschrei aus einer anderen Dimension. Sowohl Michi, die Angestellte in einem Pflanzengeschäft, als auch ein junger Student und eine Computerspezialistin geraten in den Bannkreis der gefährlichen Seite. Ihre Nachforschungen ergeben, dass die verschwundenen Menschen in einem Zustand totaler Einsamkeit und Angst aus der Welt getreten sind. Seltsame Geistererscheinungen, Stimmen aus anderen Dimensionen und eine zunehmende Entvölkerung der Welt sorgen für eine immer bedrohlichere Atmosphäre.
Kiyoshi Kurosawas "Pulse" ist der große Wurf des Horrorfilmgenres, auf den man mal wieder gewartet hat. Der japanische Regisseur nutzt Anklänge an "The Ring" oder andere Vertreter des asiatischen Geisterhorrorfilms, um nicht mehr und nicht weniger als eine düstere Apokalypse zu entwerfen. Dabei braucht Kurosawa keine ekeligen Effekte von dahingerafften Menschen oder ein wildes Untergangsszenario, ihm reicht das Verschwinden der Menschen. Alles was von ihnen übrig bleibt, ist ein dunkler Fleck an einer Wand oder auf dem Boden sowie ein Hilferuf an Angehörige oder Freunde. Der Grund des Verschwindens ist die Erkenntnis totaler Einsamkeit und Isolation. "Pulse" beschreibt mit Hilfe einer gesellschaftskritischen Allegorie das Grundübel unserer Zeit. Er beklagt das Fehlen von Menschlichkeit und Freundschaft, an deren Stelle die Vereinsamung getreten ist. Ohne Freundschaft und menschliche Werte fehlt aber der Sinn des Lebens, der Sinn für eine Gesellschaftsorganisation, deren Ziel nur gemeinsames Eintreten füreinander sein kann. Denn ohne gemeinsame Ziele und Solidarität ist ein Zusammenschluss verschiedener Menschen unter einem Verbund nur eine wahllose Ballung von Lebensformen. Eine Gesellschaft ergeben sie nicht. Die Konsequenz bei Kurosawa ist die totale Auflösung der gewohnten Ordnung. Wenn seine Helden durch menschenleere Straßen wandern, in denen das Leben einfach ausradiert wurde, erreicht die gespenstische Atmosphäre des Films seinen Höhepunkt. Geschickt wechseln sich machtvolle Musikuntermalung und erschreckende Stille ab. Immer wieder wird der Zuschauer mit dem Nichts konfrontiert, das viel unheimlicher, weil unfassbarer, als eine klare Bedrohung ist. Die Kameraarbeit unterstreicht mit souveränem Gespür für das Geschehen Kurosawas apokalyptische Vision. Oftmals werden die Figuren aus einem distanziertem Blickwinkel gefilmt. Nur selten mischt sich die Kamera mitten in die Szenerie. Die Isolation, das Nichts, das Ende verstärkt sich bis zu einem Zustand der Hoffnungslosigkeit, der gegen Ende nur ansatzweise gebrochen wird.

Bildqualität

Die Vorlage kommt ohne Bilddefekte oder andere störende Elemente aus. Das visuelle Konzept des Films sieht eine eher ausgewaschene Farbpalette und teilweise auch raue Bildgestaltung vor. So wirkt der Film immer wieder etwas grisselig, was der atmosphärischen Wirkung gut tut. Das etwas blasse Aussehen unterstreicht den apokalyptischen Charakter des Werkes und gibt keinen Anlass zur Kritik. Etwas störender erscheint da schon die Schärfe, die zwischen gut und angenehm schwankt. Auch sorgt der etwas steile Kotrast dafür, dass in dunklen Szenen Details verschluckt werden. Vor allem für einen asiatischen Film ein wirklich guter Transfer.

Tonqualität

Der japanische Originalton im 2.0-Format nutzt die ganze Bandbreite der vorderen Boxenfront aus und verteilt seine Geräusche geschickt. Das verstärkt auf effektive Weise die atmosphärische Wirkung des Films. Alles ist gut verständlich abgemischt. Wer möchte kann sich auch einen deutschen 5.1-Upmix anhören.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

"Pulse" schildert eine finstere Form der Apokalypse, die für das Verschwinden der Menschen sorgt. Dabei nutzt Kurosawa die gespenstische Atmosphäre, um das zunehmende Umgreifen von Einsamkeit und Isolation in der modernen Gesellschaft zu beklagen. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Kairo (Japan 2001)
Länge 114 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie Kiyoshi Kurosawa
Darsteller Haruhiko Katô, Kumiko Aso, Koyuki, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 20 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut