Beinschlag

Deer Woman

special: masters of horror - alle folgen

John Landis hat die Latte für seine Regiekollegen des Masters-of-Horror-Projektes hoch gelegt. Es wird spannend sein, ob noch irgendeine der anderen Folgen an "Deer Woman" herankommt. Wer allerdings beinharten Horror erwartet, ist bei Landis falsch aufgehoben. Vielmehr serviert "Deer Woman" seine durchaus gruselige Grundgeschichte mit perfekt getimeten Humor und mitreißendem Tempo. Durch eine zufällige Konstellation wird Detective Faraday, der nach etwas ungünstigen Ereignissen in der Vergangenheit nur noch als Spezialist für Fälle mit Tierattacken zuständig ist, an den Ort eines Verbrechens gerufen. Als Faraday und sein Partner Reed an der einsam gelegenen Kneipe ankommen, finden sie im Führerhaus eines Trucks einen roten Fleischklumpen vor, der vor ein paar Stunden vermutlich ein lebender Mensch gewesen ist. Da die Angelegenheit nach Mord aussieht wird Faraday wieder abberufen, aber die Hufabdrücke auf der Leiche lassen ihm keine Ruhe. Es könnte eine Tierattacke involviert sein und so bleibt er zusammen mit seinem Partner Reed dran. Bei den Ermittlungen stoßen sie auf eine alte indianische Legende über eine verführerische Frau mit Tierbeinen. Die Zeit drängt, denn die Opfer häufen sich.
Keiner der vier vorangegangenen Regisseure hat sich das 60minütige Format so einverleibt wie John Landis, der seine Geschichte von Beginn an mit viel Fahrt inszeniert. Gegenüber "Deer Woman" wirken die bisherigen Teile vergleichsweise behäbig entwickelt, weil sie eher 90 Minuten Länge im Visier haben. Landis etabliert in wenigen Minuten das Cop-Duo Faraday/Reed, deren Dialoge spritzig-ironisch das Geschehen kommentieren, im Gegensatz zum restlichen Polizeipersonal, das vor allem Faraday geringschätzig behandelt. Brian Benben spielt den zu Fällen mit Tierattacken degradierten Cop mit einer Mischung aus Resignation gegenüber seiner allgemeinen Lage und enthusiastischem Interesse am vorliegenden Fall. Mit bissigen Kommentaren reagiert er auf die Sprüche seiner Kollegen, die wie arrogante Spielverderber wirken. Je bizarrer die Details um die Todesfälle werden, desto sympathischer wirken Faraday/Reed, weil sie sich als einzige auf der richtigen Spur befinden. Neben dem perfekten Timing amüsanter Begebenheiten und Dialoge gelingen Landis aber auch visuell eindrucksvolle Filmbilder. Während eines nächtlichen Spaziergangs durch die Stadt wandert Faraday vor einer langen Wand entlang, deren Waldbemalung wie eine Märchenillustration wirkt. Dabei bleibt er immer wieder stehen, weil er seltsame Trittgeräusche zu hören glaubt. Faraday versinkt geradezu in der Malerei. Die Kräfte der Natur haben ihn vollständig umfangen. Selbst in der Stadt sind sie ihm auf den Fersen. Die Künstlichkeit des gemalten Waldes verweist zugleich auf den märchenhaften Überbau der alten Indianerlegende, der man sich in ihrem ursprünglichen Stammland nicht entziehen kann, wie auf die Möglichkeit, dass alles nur einer wilde Phantasie Faradays ist. Landis hat seine Episode mit ähnlichen filmischen Mitteln gespickt und beweist dadurch, wie souverän er das kurze Format im Griff hat, das ausladenden Szenerien nur in geringem Maße verträgt. Sein Stil basiert auf schnellen Dialogen und assoziativen Momenten. Auf diese Weise gelingt ihm eine ausgezeichnete Horrorkomödie.

Bildqualität

Die Bildqualität fällt bei "Deer Woman" sogar besser als bei den vorangegangenen Teilen aus. Bildpunkte oder Verschmutzungen gibt es selbstverständlich immer noch nicht zu beklagen. Die Schärfe ist sehr gut, das Bild wirkt detailreich. Die Farbwiedergabe ist sehr gelungen, gleiches gilt für den tiefen Schwarzwert, so dass sich die einzelnen Szenen gut entfalten können. Rauschmuster halten sich in engen Grenzen.

Tonqualität

Der Ton entfaltet seine dynamischen Qualitäten vor allem auf den vorderen Lautsprechern. Die Dialoge werden rauschfrei und verständlich wiedergegeben. Eine echte räumliche 5.1-Kulisse entwickelt sich kaum. Insgesamt kann man aufgrund der guten restlichen Abmischung aber sehr zufrieden sein.

Extras

Da die amerikanische DVD noch nicht veröffentlich ist, lässt sich nicht exakt sagen, welches Bonusmaterial sie enthält. Audiokommentare sind bei Anchor Bay bislang jedenfalls nicht angekündigt, sondern ein paar Interviews und eine Featurette "Working with a Master". Ob es sich bei letzterer um das "Behind the scenes"-Material der deutschen DVD handelt, ist unklar. Ein Kommentar auf amazon.com erwähnt Interviews, die das deutsche Material definitiv nicht beinhaltet. Da die DVD in Amerika jedoch noch nicht erhältlich ist, bliebt unklar, aus welcher Quelle der Kommentar stammt.

Die deutsche DVD enthält eine "Behind the scenes"-Sektion, die sich in neun Kapitel aufteilt und zusammen etwa 70 Minuten dauert. Gegenüber den vorangegangenen Veröffentlichungen hat sich jedoch qualitativ nur wenig geändert. Es handelt sich um vollständig unkommentiertes Setmaterial, das in dieser Länge völlig überdimensioniert wirkt. Die einzelnen Kapitel zeigen hauptsächlich den direkten Dreh verschiedener Szenen, inklusive Proben und mehreren Durchläufen. Dass es nicht ganz so langweilig bleibt, wie bei den vorangegangenen Veröffentlichungen liegt an John Landis, der durchaus lebhaft bei der Sache ist und häufig über die Mikrophone gut eingefangen wird, so dass man ihm zuhören kann.
Der Trailer und eine Texttafelbiographie über John Landis runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

John Landis zeigt, wie man das 60minütige Format beherrschen muss. Seine Episode besticht durch die rhythmisch beste Dramaturgie und eine sehr gelungene visuelle Umsetzung. Dank pointierter Dialoge entwickelt sich so eine höchst amüsante Horrorkomödie. Wer allerdings auf die "brutalsten Fantasien" (Covertext) wartet, wird enttäuscht sein. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial schwach.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Deer Woman (USA 2005)
Länge 56 Minuten (Pal)
Studio Splendid
Regie John Landis
Darsteller Brian Benben, Anthony Griffith, Cinthia Moura, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Behind the scenes, Biographie, Trailer
Preis ca. 14 EUR
Bewertung sehr gut, technisch sehr gut