Lebenslust

Lady Chatterley (2 DVDs)

Lady ChatterleyDie zweite, unbekanntere Version des Romans „Lady Chatterley's Lover“ (D. H. Lawrence) – insgesamt existieren drei verschiedene Fassungen - bildet die Grundlage für die vorliegende Verfilmung. Der reiche Minenbesitzer Clifford kehrt an den Rollstuhl gefesselt aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Seine Frau Constance Chatterley hilft bei der Pflege, fühlt sich von der ständischen Halsstarrigkeit ihres Mannes aber zunehmend eingeengt. Durch einen Zufall erhält sie den Auftrag, beim Wildhüter Parkin einen Fasan zu bestellen. Unbemerkt beobachtet sie den Mann eine Zeit lang bei der morgendlichen Wäsche, wodurch in ihr ein Begehren geweckt wird. Bei Lady Chatterleys nun öfter stattfindenden Spaziergängen durch den ausgedehnten Wald des Anwesens nähert sie sich dem Wildhüter auf zarte, subtile Weise. Langsam entsteht daraus eine körperliche und spirituelle Beziehung.

Naturaufnahmen bilden die entscheidende visuelle Metapher in Pascale Ferrans Romanadaption. Immer wieder fängt die Kamera den grünen Wald, Gräser im Wind oder die laubbedeckten Wege rund um das große Anwesen ein. Dabei saugt sie sich an den beruhigenden, selbstverständlich wirkenden Bewegungen der Vegetation fest, die der Wind verursacht. Es entsteht eine meditative Klarheit, welche den Nährboden für die Beziehung zwischen Lady Chatterley und dem Wildhüter bildet. Ihr KlassenunterschiedLady Chatterley spielt zwar noch eine Rolle, ist in einer lebensbejahenden Beziehung aber keine unüberwindliche Schranke mehr. Der Film visualisiert das jedoch nicht im Sinne einer banalen „In der Rückbesinnung auf die Natur sind alle Menschen gleich“-Botschaft, sondern er sieht in der Lust am Leben, welche in den organischen Naturbildern zum Ausdruck kommt, eine Möglichkeit der persönlichen Befreiung. Dieser Akt der Entwicklung, aus welchem keine Verschmelzung des Menschen mit der Natur entsteht, sondern ein individuelles Ausleben der durch die Natur bereit gestellten Möglichkeiten, ist in der Lage die Schranken zu überwinden.

Ferrans erzählt in ihrem Film aber nicht nur eine Liebesgeschichte über soziale Schranken hinweg, denn das bildet nur den Hintergrund für die zarte Annäherung der beiden Hauptfiguren. Mit subtilen Mitteln zeigt die Regisseurin, wie Lady Chatterley und der Wildhüter nach anfänglicher Zaghaftigkeit immer stärker Aufblühen. Während sie beim ersten intimen Zusammensein fast vollständig angezogen bleiben, gewinnen sie nach und nach eine größere Souveränität im Umgang mit dem eigenen Körper sowie dem des Partners. Berührungen, Sex und Gespräche sind Zeugen der zunehmenden Lebenslust zweier Menschen, die sich als gefühlvolle Lebewesen aufeinander einlassen. Pascale Ferran hat das mit meisterlicher Ruhe in Szene gesetzt, die den Charakteren genügend Zeit lässt, sich ohne Hast zu entfalten. Nähe braucht viel Zeit, um Vertrauen zu schaffen. Und das ist notwendig, um sich dem Partner verwundbar auszuliefern.

Bildqualität

Die Kinofassung des Films besitzt zwar keine Dreckspuren oder Defekte, aber das ist bei einem aktuellen Werk auch selbstverständlich. Die Schärfe fällt erstaunlich mager aus. Über die gesamte Lauflänge bietet sich ein matschiges Bild, das detailarm ist eine mittelmäßige Konturenschärfe besitzt. Die Farben sind reduzierter Natur. Neben dem analogen Hintergrundrauschen kommt es zu Blockbildung in homogenen Flächen. Die auf der zweiten DVD enthaltene ZDF-Fassung ist ebenso sauber, fällt aber deutlich schärfer aus. Die Farben sind wesentlich kräftiger, als habe es gegenüber der Kinofassung eine Farbkorrektur gegeben. Welche farbliche Gestaltung Regisseurin und Kameramann vorschwebten bleibt Spekulation. Die Blockbildung ist auch hier sichtbar.

Tonqualität

Die Tonqualität beider Fassungen unterscheidet sich nicht. Beim französischen Originalton werden die hinteren Lautsprecher immer wieder subtil in die Kulisse atmosphärischer Geräusche wie denen des Windes einbezogen. Die Dialoge sind klar und verständlich. Der deutsche 2.0-Ton nutzt die vorderen Lautsprecher auf ansprechende Weise und bietet ebenfalls klare und verständliche Dialoge.

Extras

Die ZDF-Fassung des Films ist auf einer zweiten DVD enthalten. Inhaltlich reicht sie an die Kinofassung nicht heran, da mit dem Rasenmäher im gesamten Film einzelne Szenen verkürzt wurden, teilweise sind auch ganze Lady Chatterleyehlt dadurch die kraftvolle Ruhe des langsamen Aufblühens beider Charaktere. Als Kompromiss ist die Fassung aber durchaus brauchbar. Das 52minütige Making Of besteht aus untertitelteen B-Roll-Aufnahmen vom Set, in denen die Regieanweisungen Pascal Ferrans im Mittelpunkt stehen. Dazwischen wurden Interviewsequenzen mit der Regisseurin und anderen Stabmitgliedern geschnitten, in denen es um die künstlerische Gestaltung sowie den interpretatorischen Kern des Romans geht. Während diese Passagen informativ sind, bleibt das B-Roll-Material durchwachsen. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

Mit sanften, subtilen Bildern erzählt Pascale Ferran die Geschichte einer persönlichen Befreiung der beiden Hauptfiguren, die in gemeinsam erlebter Lebenslust eine ebenso körperliche wie spirituelle Liebe erfahren. Technisch ist die DVD schwach.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Lady Chatterley (USA 2007)
Länge 161 Minuten (Pal)
Studio Alamode Film
Regie Pascale Ferran
Darsteller Marina Hands, Jean-Louis Coullo'ch, Hippolyte Girardot, Hélène Alexandridis, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton DD 5.1 Französisch, DD 2.0 Deutsch
Untertitel Deutsch
Extras ZDF-Fassung (1:1,78 – 16:9 -, 126 Minuten), Making Of, Trailer
Preis ca. 20 EUR
Bewertung sehr gut, technisch schwach