Die Natur des Burschen

Krrish

Nach „Sternenkind“ („Koi Mil Gaya“) erreicht nun auch die Fortsetzung „Krrish“ den deutschen DVD-Markt. Der Science-Fiction-Hintergrund des ersten Teils spielt nur noch als Basis für die Figuren eine Rolle. Im Zentrum steht Rohits Sohn Krishna, der dessen Superkräfte geerbt hat. Rohit selbst hatte sich in seiner Naivität von einem finsteren Wirtschaftsboss für niedere Zwecke einspannen lassen und starb vermutlich beim Versuch, seine Erfindung zu zerstören. Er hatte einen Computer konstruiert, der die Zukunft vorhersehen konnte. Natürlich wollte der Wirtschaftsboss das für die Weltherrschaft nutzen. Krishnas Oma ist darauf mit ihrem Enkel in die Einsamkeit der Berge gezogen, um ihn vor der Welt zu verstecken. Sie möchte verhindern, dass auch Krishna wegen seiner Fähigkeiten ausgebeutet wird. Er läuft schneller als ein Pferd, springt weiter als sonst ein Mensch oder klettert in atemberaubender Geschwindigkeit Bäume empor. Da Krishna aber anders als die anderen ist, besteht sein Leben aus Einsamkeit. Als eines Tages eine Campinggruppe auftaucht, verliebt sich Krishna in die niedliche Priya. Da der naive junge Mann seine Kräfte nicht verbergen kann, erinnern sich Priya und ihre Freundin daran, als ihre Chefin, die Leiterin eines Fernsehsenders in Singapur, sie feuern will, weil sie den Urlaub um fünf Tage überzogen haben. Sie schlagen ein neues Format vor, in dem Krishna seine unglaublichen Fähigkeiten präsentieren soll. Priya lockt den naiven jungen Mann mit Liebesbekundungen in die große Stadt. Nachdem Krishna dort angekommen ist, wird auch der Wirtschaftsboss, welcher damals Rohit köderte, auf den Burschen mit den besonderen Fähigkeiten aufmerksam. Mit allen Mitteln versucht er, Krishnas habhaft zu werden.

Um die Spannung gleich abzubauen, „Krrish“ kann die hohen Erwartungen, die eine Fortsetzung des sehr guten „Sternenkind“ weckt, nicht erfüllen und geht mit Pauken und Trompeten unter. Das liegt an der schlampigen Dramaturgie, die sowohl inhaltlich unangenehme Figurenkonstruktionen enthält, als auch zusammenhanglos erzählt. Die gesamte Entwicklung des letzten Drittels resultiert aus der behaupteten Liebesbeziehung zwischen Krishna und Priya. Ohne sie ist das dramatische Finale inklusive der Entwicklung Krishnas zu Krrish, einem Superhelden mit Maske und Ledermantel, nicht denkbar. Im Verlaufe der Handlung hintergeht Priya Krishna jedoch ständig, um ihren Job und den ihrer Freundin bei einem Fernsehsender zu retten. Erst spielt sie die Liebe nur vor, um Krishna nach Singapur zu locken. Aber auch nachdem ihre Gefühle angeblich entflammt wurden, macht sie bei nächster Gelegenheit mit gleicher Niedertracht weiter, die hier neue Erfolge feiert. Nichts an der Beziehung zwischen diesen beiden Figuren ist ehrlich. Der Film lügt mit gleicher Niedertracht wie Priya ungeniert weiter, um später dann die Wende zu präsentieren, als das Thema Liebe bereits völlig verraten worden ist. Daraus resultiert eine Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Erzählung und der Bildinszenierung, die mit bollywoodtypischen Romantikchiffren arbeitet, welche nicht mehr überwunden werden kann. Dazu trägt auch das schleppende Tempo bei, das innerhalb der ersten Stunde kaum etwas erzählt. Krishna tollt in seiner Berglandschaft herum, wird als Außenseiter eingeführt, trifft Priya und macht Faxen mit der Campinggruppe. Das ist selbst für den ausladenden Bollywoodstil sehr dürftig. Hinzu kommt, dass die spätere Superheldenwendung in keiner Weise vorbereitet wird, bis es soweit ist. „Krrish“ arbeitet folglich nicht mit Genreversatzstücken, um sie zu einer eigenen wilden Dramaturgie zusammen zu bauen, sondern der Film arbeitet mit ganzen Genredramaturgien, die hintereinander ablaufen ohne eine Einheit zu bilden. Die Naturepisode erzählt eine eigene, wenn auch dürftige Geschichte, auf die dann die Geschichte vom naiven Burschen in der großen Stadt folgt, die von einer Superheldendramaturgie abgelöst wird, welche ins Finale mündet. Einzig die Liebesgeschichte soll das zusammenhalten, aber die taugt leider nicht. So ist „Krrish“ zwar ambitioniert gedacht, aber leider schlecht gemacht.

Bildqualität

Das Bild weist kaum irgendeine Schwäche auf. Defekte oder Verschmutzungen sucht man bei dem aktuellen Film ohnehin vergeblich, darüber hinaus gefällt das Bild mit einer sehr guten Schärfezeichnung, die für einen großen Detailreichtum sorgt. Die Farben sind kräftig, der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Auch Rauschmuster sucht man bei dieser DVD vergeblich.

Tonqualität

Der 5.1-Ton sorgt hauptsächlich über die Musik für eine räumliche Atmosphäre, ansonsten werden die hinteren Boxen nicht intensiv genutzt. Auch die Actionszenen besitzen keinen durchschlagenden räumlichen Ton. Die vorderen Boxen werden demgegenüber besser genutzt. Die Dialoge sind klar und verständlich, störendes Rauschen gibt es nicht.

Extras

Auf der ersten DVD ist neben dem Film ein Trailer enthalten. Außerdem lassen sich die vier Lieder separat anwählen. Das restliche Bonusmaterial ist auf einer zweiten DVD enthalten. Hinter „Hrithiks Reise von Koi Mil Gaya zu Krrish” (etwa 22 Minuten) verbirgt sich ein Interview mit Hauptdarsteller Hhrithik Roshan, das für das indische Fernsehen zur Bewerbung des Films erstellt wurde. Dementsprechend spielen inhaltliche Aspekte eine große Rolle, die nach Ansicht des Films kaum noch interessieren. Darüber hinaus erzählt Roshan ein wenig über das Martial-Arts-Training mit Tony Chin-Siu-Tung, der für die Actionchoreographie des Films verantwortlich ist, oder sein Interesse an Superhelden. Insgesamt ist das Interview zu stark auf die Zuschauer zugeschnitten, welche den Film noch nicht kennen, ihn aber unbedingt ansehen sollten. „Action-Cuts” ist ein gut 24minütiges Making of, das neben Aufnahmen vom Martial-Arts-Training auch auf die Dreharbeiten, die Musik und andere Aspekte eingeht. Filmausschnitte wechseln sich mit Interviews und B-Roll-Aufnahmen ab. Insgesamt bleibt auch hier wenig mehr als gängige Werbeinformationen übrig.

Das „Making Of: Die Musik” (etwa 22 Minuten) lässt den Komponisten, aber auch den Regisseur und andere am Filme Beteiligte zu Wort kommen. Es geht aber nicht nur um die Musik, es kommt auch zu Überschneidungen zu dem vorangegangenen „Action-Cuts”, was den Informationsgehalt nicht erhöht. Der etwa 22minütige Beitrag „Red Carpet” präsentiert Aufnahmen verschiedener „Krrish”-Permieren (London, Dubai) mit kurzen Interviewschnipseln der Darsteller. Darüber hinaus sind zwischendurch die exakt gleichen Filmausschnitte zu sehen, die bereits in allen anderen Teilen des Bonusmaterials zu sehen waren. Abgerundet wird die DVD durch zwei, wie Rapid Eye es nennt, Karaoke-Songs, die wie bei Rapid Eye üblich natürlich gar keine Karaoke-Songs sind, da die Tonspur auch den Gesang enthält.

Fazit

„Krrish” scheitert an der Unglaubwürdigkeit der Liebesbeziehung, welche die mögliche Emotionalität zugunsten plumper Wendungen aufgibt. Seine Einzelteile fügen sich zu keinem Gesamtbild zusammen, das eine koheränte Erzählung ergeben würde. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial eher schwach.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Krrish (Indien 2006)
Länge 175 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye
Regie Rakesh Roshan
Darsteller Hhrithik Roshan, Priyanka Chopra, Naseeruddin Shah, Rekha, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Hindi
Untertitel Deutsch
Extras Hrithiks Reise von Koi Mil Gaya zu Krrish, Action Cuts, Trailer, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung schwach, technisch sehr gut