Dschungel ‚Camp'

Kaal

Shah Rukh Khan hat "Kaal" produziert und deswegen ist er auch im Film drin, zumindest fast. Um genau zu sein, er taucht quasi nur vor dem Film auf. Die Titelsequenz wurde als klassische Bollywood-Tanzszene mit feinem Song gestaltet, in der besagter Shah Rukh Khan auftaucht. Danach ist er im Film aber nicht mehr zu sehen, so dass die Fans des geschmeidigen Inders nicht unbedingt zu "Kaal" greifen müssen, der im Gegensatz zur sonst bekannten Bollywood-Ware als Horrorfilm daher kommt. Es geht um seltsame Todesfälle in einem indischen Nationalpark, die einem menschenfressenden Tiger angelastet werden. Der Wissenschaftler Krish und seine Frau machen sich auf die Reise, um die Vorfälle zu überprüfen. Zur selben Zeit tummelt sich auch eine kleine Gruppe Touristen im bekannten Nationalpark. Im Verlaufe des Films treffen sich die beiden Parteien, welche sich inzwischen im Dschungel nicht mehr zurechtfinden. Gerade als zwei Tiger sich bedrohlich nähern, taucht der mysteriöse Kaali auf, welcher sich als Führer anbietet. Gemeinsam macht man sich auf den Weg, aber es dauert nicht lange, bis der erste unglückliche Todesfall ein Mitglied der Gruppe dahinrafft.
"Kaal" erweist sich als völlig unvereinbare Mischung unterschiedlicher Elemente, die in der unpassenden Verbindung ihren Charme entwickelt. Nachdem der überdrehte, bunte Vorspann beendet ist, taucht der Film in das realistische Farbspektrum seines Dschungelsettings ein. An den stilistischen Wechsel muss man sich tatsächlich erst gewöhnen, bevor man begreift, dass hier kein überbordendes Werk zu erwarten ist. In der ersten Hälfte versucht der Film über verschiedene Scheineffekte seine Spannung aufzubauen. Da verschwindet plötzlich ein Mensch und taucht geräuschlos an unerwarteter Stelle wieder auf oder ähnliches. Kaum einer dieser Spannungsmomente besitzt in seiner Auflösung eine echte Bedrohung, stattdessen soll vermutlich eine stets spürbare Bedrohungslage aufgebaut werden, die den Dschungel als lebendigen und gefährlichen Charakter einführt. Innerhalb dieser Atmosphäre bewegen sich die indischen Schönheiten (Männer und Frauen), die so gelackt aussehen, dass sie in der wilden Dschungelwelt völlig deplaziert wirken. Dadurch besitzt der Film eine Optik, die irgendwie an Werbeclips erinnert. In Verbindung mit dem wenig ausdruckstarken Schauspieltalent der meisten Darsteller, die sich nur auf ihr Aussehen verlassen, entsteht ein Gemisch, das nur noch als Camp durchgeht, weil sich die erzählerische Ebene von der visuellen Ebene immer weiter löst und sich so der Eindruck eines höchst bizarren Nichtkönnens breit macht. Mit dem Auftauchen Kaalis werden zusätzlich Unglücksfälle à la "Final Destination" eingeführt, die eine weitere Ebene eröffnen. "Kaal" wird für viele sicherlich nur langweilig wirken, wenn man sich aber auf die verschiedenen Elemente einlässt, kann man durchaus seinen Spaß haben.

Bildqualität

Die Bildschärfe ist ein wenig unterschiedlich. Während der Vordergrund stets gut aussieht, gehen manche Details jenseits des Bildzentrums verloren, ohne dass dies durch bewusste Unschärfen des Kameramanns bedingt wäre. Bilddefekte tauchen nicht auf. Die Farbwiedergabe ist auf der Höhe der Zeit und präsentiert ein kräftiges Bild. Der Kontrast muss in den dunklen Szenen stark kämpfen und schafft es nicht ganz, alle Details wiederzugeben. Rauschmuster tauchen nur gelegentlich auf.

Tonqualität

Der 5.1-Hindi-Ton ist der Ton der Wahl. Über eine hübsche Nebengeräuschkulisse wird die Dschungelatmosphäre lebendig, was die deutsche 2-0-Synchronisation nicht leisten kann. Die räumliche Kulisse des 5.1-Tons ist folglich recht ordentlich. Die Dialoge sind klar und verständlich. Besonderes Rauschen tritt nicht auf.

Extras

Das 21minütige Making of besteht aus Interviews mit den Darstellern, Filmausschnitten und B-Roll-Material. Neben der üblichen Lobhudelei der Darsteller auf den Regisseur und die Produktionsfirma sowie den Film selbst erfährt man auch ein wenig über die Dreharbeiten. Als Dreingabe ganz nett.
Darüber hinaus enthält die DVD drei Filmliedervideos, darunter auch den Vorspannsong ohne die Vorspanntitel, und den Trailer.

Fazit

"Kaal" bietet eine mehr als seltsame Mischung aus gelackter Werbefilmästhetik und Gruselmotiven, die über die Unglücksfälle an die "Final Destination"-Filme erinnern. Insgesamt passen die Elemente in keiner Weise zusammen und bieten für den Willigen eine hübsche Camp-Unterhaltung.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Kaal (Indien 2005)
Länge 126 Minuten (Pal)
Studio Rapid Eye
Regie Soham Shah
Darsteller Ajay Devgan, Vivek Oberoi, John Abraham, Lara Dutta, Shahrukh Khan, u.a.
Format 1:2,35
Ton DD 5.1 Hindi, DD 2.0 Deutsch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung camp, technisch gut