Im Zeichen des Raben

Jennifer's Shadow

Manchmal, wenn das Böse besonders intensiv zu Tage tritt, kann es auch im strahlenden Sonnenschein verborgen sein. Und dann verweile nicht!

Die ersten Bilder aus "Jennifer's Shadow" vermitteln trotz der Schönwetter-Optik eine düstere Atmosphäre, die irritierend wirkt. Die reduzierte Farbpalette lässt das Schwarz deutlicher zu Tage treten als die übrigen Töne, so dass bereits ein unterschwelliger Schauer entsteht. In dieser Atmosphäre taucht Jennifer in Buenos Aires auf, weil ihre Zwillingsschwester Johanna gestorben ist. Johanna hat ihr das wuchtige Herrenhaus der Eltern vermacht. Jennifer möchte die sperrige Immobille so schnell wie möglich verkaufen und nach Amerika zurückkehren, um ihr geordnetes Leben wieder aufzunehmen. Doch da hat sie die Rechnung ohne ihre Großmutter gemacht, welche sich überhaupt nicht glücklich zeigt, in irgendein Appartement mit der gebrechlichen Tante Emma zu ziehen. Mit allen Mitteln versucht sie, Jennifer vom Vorhaben abzubringen. Dabei scheint sie auch über ganz besondere Mächte zu Verfügen.
Ohne Zweifel sind Daniel de la Vega und Pablo Parés große Edgar Alan Poe Fans, dessen subtiler Schauerrhetorik sie ihre filmische Referenz erweisen. Entsprechend zurückhaltend inszeniert, verlässt sich "Jennifer's Shadow" folglich auf seine visuellen Tableaus, die mit einfachen aber effektiven Mitteln die notwendige Gruselatmosphäre erzeugen, und die Wirkung seiner Darsteller. Als Jennifer das erste Mal das Haus der Eltern besucht, das für sich genommen in seiner Wuchtigkeit bereits erdrückend wirkt, rückt der Film ein Portrait der Großmutter ins Blickfeld, das mit seiner Größe eine gespenstische Macht der alten Dame vermittelt. Jennifer hat das Reich einer anderen betreten, die es nicht kampflos übergeben wird. Ihre Versuche, der Großmutter den Hausverkauf zu erklären, besitzen von da an einen schleichend gemeinen Unterton, weil man weiß, dass dies nicht so einfach von Statten gehen wird. In ähnlicher Weise haben die Regisseure den Film mit weiteren Zeichen angefüllt. Die Haushälterin besitzt einen verschlagenen Gesichtsausdruck und erscheint verdächtig, Jennifer wird nachts in ihrem Zimmer eingesperrt und ein Rabe besucht sie in ihren Träumen, um an ihr herumzupicken. Die drohende Gefahr ist deutlich. Faye Dunaway als Großmutter besitzt mit ihrem kalten Gesichtsausdruck eine abgründige Präsenz, die Angst macht. Dagegen erscheint Gina Philips eher naiv. Durch das Zusammenspiel aller Aspekte gelingt eine Schauermär, die gut als hübscher kleiner Low-Budget-Film funktioniert.

Bildqualität

Die Schärfe des Bildes ist gut, auch Dreckspuren oder Bildpunkte treten bei der neuen Produktion nicht auf. Die reduzierte Farbpalette ist Teil des sehr gelungenen visuellen Konzeptes und kein Manko der DVD. Auffällig sind jedoch einzelne leichte Nachzieheffekte und ein Konturenflimmern bei Schwenks. Ein leichtes Rauschen ist ebenso vorhanden. Insgesamt ist die Bildqualität in etwa so, wie man es bei einem Low-Budget-Film neueren Datums erwarten würde.

Tonqualität

Die beiden 5.1-Spuren liefern eine sehr ordentliche Kulisse auf den vorderen Boxen, bei der die Dialoge ohne störendes Rauschen klar und verständlich sind und die Musik mit schönem Klang ertönt. Die hinteren Boxen werden nur selten einmal für atmosphärische Geräusche eingesetzt.

Extras

Die DVD enthält einen Audiokommentar von Faye Dunaway, Gina Philips (beide Darstellerinnen), Claudie Viguerie und P.J. Pettiette (beide Produktion). Dieser siedelt sich auf solidem Niveau an. Unter der wesentlichen Gesprächsleitung von P.J. Pettiette kommentieren die Beteiligten teilweise szenenspezifisch die visuellen Kompositionen, die Darstellerleistungen, geben Informationen über die Drehbedingungen und interpretieren das Geschehen des Films. Das ist insgesamt sehr ordentlich. Etwas störend fällt leider Faye Dunaway auf, die sich nicht mehr sehr gut an die Handlung des Films erinnert und ständig fragt, worum es in einer Szene geht. Dabei nimmt sie die Zuschauer gleich in Mithaftung, wenn sie sagt, dass sei ja auch für das Publikum interessant. Das ist es jedoch nicht, weil man sich in der Regel doch noch etwas besser an den Film erinnert, als Faye Dunaway.

Fazit

Die ruhig erzählte Schauermär erinnert an die Gruselsprache eines Edgar Alan Poe. Dabei schleicht sich das Böse immer näher an die Protagonisten und die Zuschauer heran. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Jennifer's Shadow (USA/Argentinien 2004)
Länge 86 Minuten (Pal)
Studio Koch Media
Regie Daniel de la Vega, Pablo Parés
Darsteller Faye Dunaway, Gina Philips, Duilio Marzio, Nicolás Pauls, u.a.
Format 1:1,78
Ton DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Faye Dunaway, Gina Philips (beide Darstellerinnen), Claudie Viguerie und P.J. Pettiette (beide Produktion)
Preis ca. 15 EUR
Bewertung hübscher Film, technisch gut