Tod einer Erzählung

I am the Ripper

Im Prinzip ist nichts schlimmes dabei, wenn ein paar kleine Kinder einen Film drehen. Die Gruppe ist beschäftigt und kann auf den Straßen keinen Blödsinn anstellen. Weniger amüsant ist es aber, wenn das Ergebnis der filmischen Bemühungen als Bestätigung der Arbeit auf DVD veröffentlicht wird. Dabei ist der Anfang von „I am the Ripper“ noch ganz unterhaltsam, wenn man sich einmal an die unrhythmisch eingesetzte Handkamera gewöhnt hat, mit der alles gefilmt wurde.

Zwei Jugendliche gehen zu einer Party. Der eine zieht den anderen auf, weil dieser in seinem Leben bislang noch keinen Sex hatte. Da es sich um einen Genre-Film handelt, ist klar, die Angelegenheit wird ein ironisches Spiel mit den Regeln des Horrorfilms. Das ist aus „Scream“ bekannt und auch nicht ehrenrührig. Mit wilden Reißschwenks erfasst die Handkamera die Partygesellschaft, um einzelne Figuren vorzustellen, die später eine Rolle spielen werden. Dialogfetzen liefern Charakterisierungsfetzen. Im Zentrum stehen Genre-Filme, denn die Jugendlichen sind Filmfreaks. Da spielt beispielsweise die Frage eine Rolle, ob das Alien oder der Predator stärker ist. Die Vertreter des anderen Geschlechts werden angebaggert. Aber dann taucht plötzlich ein Killer auf, der die Partystimmung vermiest. Einer nach dem anderen muss dran glauben, bis der Killer dem letzten Überlebenden ein Duell anbietet. Da der junge Mann nicht kämpfen will, begeht er Selbstmord. Was dann folgt ist eine Wendung, die überraschen kann und den Film in eine andere Richtung lenkt. Eine Richtung, die mit den ersten 20 Minuten nur noch wenig zu tun hat. „I am the Ripper“ besitzt an dieser Stelle keine Wendung der Geschichte, sondern setzt eher zu einer neuen Geschichte an, womit das Problem des Films auch schon beschrieben wäre. Er besitzt keine Erzählung. Nach den ersten 20 Minuten kristallisiert sich zwar eine Hauptfigur heraus, deren weitere filmische Existenz sogar durch den zentralen Konflikt mit dem Killer geprägt sein könnte, wenn der Killer im weiteren Verlauf als zentrale handelnde Figur auftauchen würde.

Das Ende des Films versucht zwar durch einen erklärenden Monolog des Killers, die 60 vergangenen Minuten seit der ersten Wendung unter einen zusammenhängenden Plan zusammenzuführen, aber diese Erläuterung ist lächerlich absurd. Es gibt kein einziges Element innerhalb der einzelnen Szenen, die eine Einflussnahme des Killers andeuten, wie es in der Erklärung des Finales behauptet wird. Deswegen wirken die Schießereien, welche sich die Hauptfigur mit immer neuen Gegnern liefert, wie neue Filmanfänge. Dazu passt auch der wechselnde Stil, der sich bei John Woo oder den Matrix-Filme bedient und zwischendurch Kung-Fu-Einlagen einbaut. Die Macher haben bei aller Liebe zu ihren Vorbildern den roten Faden vergessen oder nie einen gehabt. Gleichzeitig besitzen sie kein Verständnis für die Funktion erzählerischer Motive aus ihren Vorbildern. In einem John-Woo-Film ist es ein spannungsgeladener, auch emotionaler Höhepunkt, wenn sich die Opponenten der bisherigen Handlung endlich Auge in Auge gegenüber stehen und jeweils eine Pistole auf den anderen richten. Das Bild taucht in „I am the Ripper“ so oft auf, das der exzessive Gebrauch jegliche Bedeutung entwertet und nur noch als Selbstbefriedigung der Macher funktioniert. Das gleiche gilt für den gesamten Film, der ohne Wert ist.

Bildqualität

Da es sich bei dem Film um eine auf günstigem Videomaterial realisierte Amateurproduktion handelt, ist die Bildqualität mau. Die Schärfe leidet unter einem Schwimmen einzelner Bilder, Rauschen ist stets zu sehen und Nachzieheffekte sind bei Schwenks ein ständiger Begleiter. Die Farben sind vor dem Hintergrund des ästhetischen Konzepts in Ordnung. Vor dem Hintergrund des verwendeten Materials ist die DVD aber in Ordnung, da hier nicht mehr herauszuholen ist.

Tonqualität

Der 2.0-Ton liefert eine solide Kulisse mit einigermaßen verständlichen Dialogen und durchaus brauchbarer Dynamik. Rauschen gibt es nicht. Wer es möchte kann sich einen deutschen 5.1-Upmix anhören.

Extras

Zwei Bildergalerien und der Trailer bilden das Bonusmaterial.

Fazit

„I am the Ripper“ führt wahllos neue Figuren ein und zaubert das alte wieder aus dem Hut, um eine neue Schießerei oder andere Actionelemente herbeizuführen. Eine Erzählung existiert auf keiner filmischen Ebene, so dass „I am the Ripper“ schlicht langweilig ist. Technisch ist die DVD in Ordnung, da das Ausgangsmaterial kaum mehr zulässt.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel I am the Ripper (Frankreich 2004)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio epiX
Regie Eric Anderson
Darsteller Nicolas Tary, Nicolas Verdoux, Raphaëlle, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras Bildergalerien, Trailer, u.m.
Preis ca. 16 EUR
Bewertung schwach, technisch in Ordnung