Der Geist der Vergangenheit

Ginji – Der Schlächter

Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg erhielt Japan auf Veranlassung der amerikanischen Besatzungsregierung eine Verfassung mit pazifistischer Ausrichtung. Seit Japans Souveränität im Jahr 1953 gab es immer wieder Versuche konservativer Kreise, die strikte Formulierung der Verfassung abzumildern. Das rief stets die Gegner einer Verfassungsänderung auf den Plan. Das kontroverse Thema bildet den Überbau für Takeshi Miysakas Drama, in dem die beiden Hauptkontrahenten symbolisch für beide Richtungen des politischen Strebens ihren Kampf ausfechten. Ginji hatte im Zweiten Weltkrieg seinen Dienst in einer Kamikazeeinheit geleistet. Nach der Kapitulation scheitert Ginjis Selbstmordversuch und er lässt sich durch seinen Kameraden Kuroda überreden, Japan beim Wiederaufbau zu dienen. Gemeinsam stellen sie eine Organisation auf Beine, die das Volk mit Waren versorgt. Als Ginji merkt, dass Kuroda die Organisation dazu nutzt, um mit illegalen Geschäften Profit zu machen, kommt es 1953 zu einer folgenschweren Auseinandersetzung in einem Lagerhaus. Ginji landet danach im Gefängnis. Erst 50 Jahre später wird er begnadigt, ohne jedoch Ruhe zu finden. Während er sich in einer Barackensiedlung aufhält, tauchen immer wieder die Bilder der Vergangenheit auf, welche Stück für Stück die Hintergründe der damaligen Ereignisse offen legen. Gleichzeitig versucht eine seltsame Organisation, ihn als Killer auf Kuroda anzusetzen, der inzwischen politische Karriere gemacht hat. Kurodas aktuelles Projekt ist es, eine Änderung der pazifistischen Verfassungsausrichtung herbeizuführen. Zunächst hat Ginji jedoch keine Lust, sich in eine Auseinandersetzung mit Kuroda zu stürzen, da er inzwischen ein friedliches Leben vorzieht.

Gegenwart und Vergangenheit finden ihren Niederschlag im verschachtelten Schnitt, der ausgehend vom ruhigen Erzählfluss der aktuellen Ereignisse das damalige Geschehen schrittweise enthüllt. Ginji steht dabei für die Kräfte Japans, die sich nach der erlittenen Niederlage im Zweiten Weltkrieg nach einem friedlichen Leben sehnen, während der Karrieremensch Kuroda in der pazifistischen Verfassungsausrichtung Beschränkungen sieht, die es einzureißen gilt. Regisseur Miyasaka erzählt diesen Grundkonflikt in der japanischen Gesellschaft als persönliches Drama zweier Kriegsveteranen, die in sich symbolisch die gesamte japanische Nachkriegsgeschichte vereinen. Insofern reflektiert Miyasaka über die innere Zerrissenheit, die seit 1945 ein steter Teil des japanischen Zusammenlebens ist. Dabei liegen seine Sympathien klar auf Seiten des entlassenen Ginji, der nach langer Haft den Frieden sucht, aber nicht findet, weil der Riss in der Gesellschaft seine unerbittlichen Kräfte entfaltet. Die Tragödie von einst, als Ginji in einem Lagerhaus zum Schwert griff, lässt den alten Mann nicht die gewünschte Ruhe ausleben. Er muss sich seiner Vergangenheit stellen, die ihn konsequent unter Druck setzt. Hier entfaltet der Film sein dramatisches Potential. Die ruhige Erzählweise gipfelt immer wieder in eruptiven Ausbrüchen, welche den Grundkonflikt energetisch bündeln. Zusammen mit der symbolischen Ausrichtung des Dramas entsteht eine kraftvolle und intensive Auseinandersetzung mit dem pazifistischen Geist Japans.

Bildqualität

Das sehr saubere und defektfreie Bild erscheint über die gesamte Lauflänge etwas weich, so dass die Schärfe zumeist nur angenehm ist. Kamerabewegungen erscheinen zudem leicht ruckelig, was auf die Normwandlung zurückzuführen sein dürfte. Die Farbwiedergabe fällt demgegenüber dank einer kräftigen Tönung sehr gut aus. Der Kontrast ist gut. Das leichte Hintergrundrauschen stört nicht. Insgesamt ein sehr ordentlicher Transfer.

Tonqualität

Die 2.0-Spuren bieten rauschfreie Dialoge, welche klar und verständlich sind. Im Rahmen der Möglichkeiten besitzt der Ton eine gute Dynamik, welche das Geschehen wirkungsvoll unterstützt. Die deutsche Synchronisation wurde allerdings durch Sprecher erstellt, die zu einer unteren Garde im Geschäft gehören.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

„Ginji – Der Schlächter“ nutzt die persönliche Auseinandersetzung seiner zwei Opponenten für eine Reflexion über Auseinandersetzungen um Japans pazifistische Nachkriegsverfassung. Dabei ist eine genauere Kenntnis der japanischen Nachkriegsgeschichte für ein detailliertes Verständnis des Films in jedem Fall hilfreich. Technisch ist die DVD sehr ordentlich.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Hitokiri Ginji (Japan 2003)
Länge 121 Minuten (Pal)
Studio Asian Film Network
Regie Takeshi Miyasaka
Darsteller Renji Ishibashi, Isao Natsuyagi, Riki Takeuchi, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 2.0 Deutsch, Japanisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch sehr ordentlich