Herr Noussias spielt mit Blut

Evil

Das Zombie-Genre erfreut sich seit dem „Dawn-of-the-Dead“-Remake wieder verstärkter Beliebtheit, die auch Kreise jenseits beinharter Subkultur-Anhänger erfasst hat. Die Veröffentlichung eines griechischen Untoten-Films – gedreht bereits vor dem „Dawn-of-the-Dead“-Remake - ist deswegen nur konsequent, wenn man das Feld entsprechend marktwirtschaftlich abgrasen will. Und einen anderen Zweck erfüllt die Veröffentlichung des Werkes auch nicht, denn filmischen Qualitäten entzieht sich Yorgos Noussias' Produkt auf eindrucksvolle Weise durch geschickte Ignoranz.

Die Handlung besteht aus der knackig simplen und effektiven Grundprämisse, dass ein paar Arbeiter eine Höhle entdecken, in der sie unbemerkt durch eine unbekannte Kraft verändert werden. Am Abend mutieren sie zu blutdürstigen Zombies, so dass sich die Epidemie schnell in der Stadt ausbreitet. Ein paar Figuren aus dem näheren Umfeld der Arbeiter können entkommen, ihnen folgt der Film bei der schwierigen Existenz im Umfeld unzähliger Zombies. Das tragendste dramaturgische Element innerhalb des Geschehens ist die Auseinandersetzung zwischen einem chauvinistischen Taxifahrer und einer Frau, welche der Taxifahrer mit seinen kecken Sprüchen beeindrucken will. Beide sind Teil der Überlebenden, die im Zentrum der Ereignisse stehen. Der Taxifahrer bleibt so lange bei seinen langweiligen, dreisten Sprüchen, bis sich die Frau seiner sexuellen Kraft letztendlich hingibt. Darüber hinaus präsentiert der Film ein paar blutige Splattereffekte, bleibt in seiner Erzählung jedoch beliebig. Die Gruppe fährt bald hierhin und bald dorthin, ohne dass sie irgendeinen Plan entwickelt. Verzweiflung oder Panik stellt sich ebenfalls kaum ein, so dass „Evil“ kurz gesagt keinen Inhalt hat. Er besitzt nur eine Form, die sich auf das Grundgerüst reduzieren lässt, dass der Fan wohl ab und an ein wenig Blut sehen will.

Völlig unausgegoren wechselt Noussias plötzlich zu komödiantischen Einschüben, wenn sich ein Mann hinter einem Baum versteckt, dessen Stamm eigentlich viel zu klein ist, um ihn zu verbergen. Auch der High-Heels-Absatz in der Stirn eines Zombies gehört aufgrund der pointierten Darstellung zu den Witzversuchen. Der Humor besitzt nur leider keinen Bezug zur an sich existentialistischen Situation der Gruppenmitglieder, die um ihr Leben kämpfen. Die Bedrohung durch die Zombies und die komödiantischen Einschübe stehen deswegen in keinem Zusammenhang, sie künden vielmehr von verschiedenen Genres. Noussias kann sich nicht entscheiden, welcher Linie er folgen will. Das liegt unter Umständen am schlampigen Drehbuch, welches mangels zielgerichteter Taten der Protagonisten kein dramatisches Potential besitzt. Denn der Film präsentiert auch keine ambitionierte Studie des Zusammenbruchs menschlicher Tatkraft in einer Grenzsituation. Wie aber soll unter solchen Umständen eine Apokalypseerfahrung lebendig werden? „Evil“ ist nichts anderes, als ein kalkuliertes Werk, dessen einziger Sinn darin besteht, ein paar Effekte zu präsentieren.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist angesichts der Produktionsbedingungen in Ordnung. Dreckspuren und Defekte tauchen bei einem so aktuellen, auf Video gedrehten Werk natürlich nicht auf. Die Schärfe ist nur angenehm, da das Bild stets leicht matschig aussieht. Das liegt am verwendeten Videomaterial. Die Farbwiedergabe ist demgegenüber durchgängig gut. Der Kontrast ist teilweise etwas steil, so dass in dunklen Szenen gelegentlich Details verschluckt werden. Der Film ist teilweise sehr körnig, was ebenfalls auf die verwendete Videoausrüstung zurückzuführen ist. Grundsätzlich muss das bei einem Zombiefilm auch kein Nachteil sein, da es die Atmosphäre steigern könnte, wenn denn eine vorhanden wäre.

Tonqualität

Die 5.1-Spuren liefern eine teilweise druckvolle Kulisse, welche einen atmosphärischen Film entsprechend unterstützen würden. Bei „Evil“ laufen sie mangels filmischer Qualitäten leider ins Leere. Unabhängig davon sind die Dialoge klar und verständlich. Für die räumliche Atmosphäre sind Musik und Toneffekte verantwortlich, die auch die hinteren Lautsprecher mit einbeziehen, ohne das ganz große Feuerwerk zu entfachen. Insgesamt ist die Tonqualität gut.

Extras

Das 27minütige Making Of liefert die übliche Mischung aus Filmaufnahmen und Interviews mit dem Regisseur sowie anderen Mitgliedern des Filmteams. Die Dokumentation streift verschiedene Aspekte der Produktion – u.a. die Projektentwicklung, die Effekte, die Reaktion des Publikums bei Festivaleinsätzen -, ohne dabei besonders detailliert zu werden. So enthält das Making Of ein paar Informationen zu den Hintergründen der Produktion, ist aber angesichts der geringen Informationsdichte viel zu lang.

Im fünfminütigen „Evil's Visual Effects“ berichtet Petros Noussias über die Arbeit an den digitalen Effekten des Films. Dazu sind einzelne Aufnahmen vor und nach der Bearbeitung zu sehen. Da die Aufbereitung jedoch ein wenig zu hektisch geschnitten ist, leidet der Informationsgehalt.

Die Deleted scene (40 Sekunden) ist an Belanglosigkeit kaum zu überbieten. Sie hatte weder im Film etwas zu suchen, noch bereichert sie das Bonusmaterial.

Vier Kurzfilme zwischen 30 Sekunden und fünf Minuten zeigen unter anderem das filmische Schaffen des Regisseurs Yorgos Noussias vor „Evil“ („A night at the office“ - auf dem Cover fälschlicherweise als „A night in the office“ bezeichnet). Petros Noussias, der bei „Evil“ die digitalen Effekte gemacht hat, zeichnet sich für den Kurzfilm „Claws“ verantwortlich. An den digitalen Effekten für „Evil“ hat auch Zina Papadopoulou mitgearbeitet, deren Animationskurzfilme „Merry Mary“ und „Bloody Mary“ auf der DVD enthalten sind. Während „A night at the office“ mit fünf Minuten Laufzeit nicht nur der längste der vier Kurzfilme, sondern auch der talentloseste ist, hat Petros Noussias eine filmische Pointe gedreht. „Claws“ steuert auf einen Witz zu, der letztendlich auch nur für sich selbst steht. Die beiden Animationskurzfilme der Designerin Zina Papadopoulou – weitere Arbeiten sind auf ihrer Homepage www.zina.gr enthalten – stellen die beiden Realfilme durch einen größeren Phantasiereichtum und eine bessere Erzählung in den Schatten.

Im sechsminütigen Interview berichtet Regisseur Yorgos Noussias über seine Lieblingshorrorfilme, erzählt, dass er in England auf einer Filmschule war, erläutert, dass anfangs niemand „Evil“ finanzieren wollte, und trägt weitere eher banale Antworten auf harmlose Fragen vor.

Fazit

„Evil“ ist ein Zombie-Film ohne erzählerisches Gespür, der sich hauptsächlich auf die Präsentation seiner Effekte konzentriert. Aber selbst darin ist er nicht konsequent, sondern beginnt mit einer zwar kurzen, aber dennoch behäbigen Erzählung der Grundprämisse, bevor der wirre Rest losbricht. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel To Kako (Griechenland 2005)
Länge 83 Minuten (Pal)
Studio I-on new media
Regie Yorgos Noussias
Darsteller Meletis Georgiadis, Pepi Moschovakou, Argyris Thanassoulas, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Griechisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Interview mit Yorgos Noussias (Regie), u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung schlecht, technisch in Ordnung