Mild, sanft im Geschmack

Der Eisbär

Es besteht kein Zweifel, dass bei dem Drehbuch Granz Henmans die Filme Quentin Tarantinos Pate gestanden haben. Die Umsetzung unter der Regie von Til Schweiger setzt sich aber auf entscheidende Weise ab, denn Schweiger liebt die Romantik. Wenn sich in seinem Film Menschen näher kommen, dann ist das ernst gemeint. Im vorliegenden Fall landet Schweiger in der Rolle eines Profikillers in einer typischen Eckkneipe. Dort sitzt etwas weniger typisch neben den üblichen traurigen Gestalten auch eine attraktive Frau. Beide haben, natürlich ohne es voneinander zu wissen, ihren jeweiligen Job vermasselt. Der Profikiller hat einen Menschen umgebracht, der letztlich doch am Leben bleiben sollte, und die Frau hat sich von zwei Halbwüchsigen ihren Wagen klauen lassen, in dessen Kofferraum eine Bombe liegt. Das Gefährt sollte eigentlich zum Hafen gebracht werden, um einen Gangster in die Luft zu sprengen. Nun glauben beide, dass sie nur noch wenige Stunden zu leben haben, da die jeweiligen Auftraggeber keinen Spaß verstehen. Gemeinsam nehmen sie einen Tequila nach dem anderen zu sich, wobei sie einander näher kommen, während draußen die Halbwüchsigen, zwei Macho-Polizisten und die Auftraggeber der beiden Jobs beharrlich aufeinander zurasen.

Die Dramaturgie des Films ist gespickt mit absurden Zufällen, grotesken Dialogen – die Kneipenphilosophen bestehen darauf, dass Pommes Frites eine deutsche Erfindung seien – und überinszenierten Szenen, die das zugrunde liegende Handlungsgerüst auf amüsante Weise kommentieren. Til Schweiger kennt die Tarantino-Filme so genau, um eine Hommage abzuliefern und ohne im plumpen Plagiat stecken zu bleiben. Wenn sein Profikiller mit dramatischer Geste keine Sonnebrille, sondern eine normale optische Brille aufsetzt, dann ist das zu gleichen Teilen eine Verbeugung wie treffende Parodie der Coolness, die in solchen Werken immer hoch gehalten wird. Denn bei aller Poserattitüde, welche sich die Figuren in ihren jeweiligen Rollen zugelegt haben, interessiert sich Schweiger für die Menschen. Wenn etwas schief läuft, dann besitzt das immer auch eine tragische Komponente. Die beiden Profis, die glauben, dass sie in wenigen Stunden sterben werden, und sich in einer Eckkneipe betrinken, rühren einen, weil ihre Reaktion auf das Scheitern so unfassbar bodenständig ist, dass es zu diesen Figuren gar nicht zu passen scheint. Das Trugbild ihrer Kunstfiguren lässt sich kurz vor dem Tod nicht mehr aufrechterhalten, weil darin angesichts der Endlichkeit des eigenen Daseins kein Sinn mehr besteht. Die Menschen und ihre ehrlichen Gefühle werden sichtbar, die Romantik übernimmt im Zwielicht des Lokals das Regiment. Coolness und Verletzlichkeit tanzen einen letzten Tanz, sie sind im Grunde genommen zwei Seiten derselben Medaille.

Bildqualität

Die Vorlage präsentiert sich ohne Verschmutzungen oder Bilddefekte. Die Schärfe überzeugt auf der ganzen Linie. Das Bild macht sowohl einen sehr detaillierten Eindruck, wie sich die einzelnen Objekte sehr gut voneinander abheben. Die Farben sind kräftig, der Schwarzwert ist tief, ohne dass Details verschluckt werden. Der Kontrast sorgt für ein plastisches Bild. Rauschen hält sich in sehr engen Grenzen.

Tonqualität

Der 5.1-Ton liefert an den richtigen Stellen eine satte räumliche Atmosphäre. Dadurch erhalten die Actionszenen die notwendige Dynamik, auf den Punkt inszenierte Miniaturen werden entsprechend eindringlich untermalt und immer wieder tauchen Nebengeräusche in den hinteren Boxen auf. Da auch die Dialoge klar und verständlich sind, landet der Ton auf den vorderen Plätzen.

Extras

Das Bonusmaterial besteht unter anderem aus Interviews mit Til Schweiger (Produktion, Regie, Darsteller) sowie den Darstellern Karina Krawczyk, Florian Lukas und Benno Führmann (zusammen etwa 12 Minuten), die nur selten PR-Niveau verlassen, aber doch unterhaltsam sind. „Hinter den Kulissen“ (etwa 4 Minuten) bietet unkommentiertes B-Roll-Material. Ein Videoclip, der Filmszenen aus „Der Eisbär“ mit Aufnahmen des Interpreten mischt, rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

Til Schweiger gibt den Figuren in seiner Hommage an die Gangstercoolness à la Quentin Tarantino menschliche Gefühle zurück. Dank der großartigen Überinszenierung gelingt Schweiger die Symbiose aus absurdem Humor und Romantik. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Der Eisbär (BRD 1998)
Länge 90 Minuten (Pal)
Studio Constantin im Vertrieb der Highlight
Regie Til Schweiger
Darsteller Til Schweiger, Karina Krawczyk, Benno Führmann, Florian Lukas, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch
Untertitel -
Extras Interviews, Trailer, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch gut