Militärisches Herz

The Coast Guard

Durch die koreanische Halbinsel verläuft auch heute noch ein Riss, eine tiefe Wunde, welche sich immer wieder ins Bewusstsein des koreanischen Volkes drängt. Auf südkoreanischer Seite bewachen Militäreinheiten die Grenze zu Nordkorea und die Küstenabschnitte. Letzteres übernimmt die Coast Guard, welche das Eindringen von Spionen über den Seeweg verhindern soll. Hier herrscht militärischer Drill mit entsprechender Härte. Bei einem Zwischenfall erschießt der Soldat Kang den oben liegenden Mann eines nachts im Sperrgebiet kopulierenden Pärchens. Während die Bewohner des Dorfes, aus dem das Opfer stammt, wütend protestieren und den Soldaten lieber tot als lebendig sehen wollen, zeichnet das Militär den Schützen für seine Pflichterfüllung aus. Bei den nächtlichen Eindringlingen ins Sperrgebiet hätte es sich schließlich auch um nordkoreanische Spione handeln können. Sowohl die Freundin des Opfers als auch der Schütze, finden nach dem Vorfall nicht mehr ins normale Leben zurück. Beide scheinen langsam dem Wahnsinn zu verfallen.Kim Ki-Duk inszeniert das militärische Leben entlang des Küstenabschnitts als Mischung aus kameradschaftlichem Zusammenhalt und erbarmungslosem Drill. Da müssen sich die Soldaten im Schlamm wälzen oder ihren Körper auf Füße sowie Kopf stützen, bis der Befehlshaber genug davon hat. Dazwischen liegen Zeiten, in denen Fußballtennis über ein Netz aus Stacheldraht gespielt wird, und die Patrouillen entlang der Küste, welche in der Regel ereignislos bleiben. Für die Soldaten ergibt sich ein Widerspruch aus eingedrillter Aufmerksamkeit, um nordkoreanische Eindringlinge fern zu halten, sowie der ruhigen Lage am Küstenabschnitt. Die Dorfbewohner begegnen den Angehörigen des Militärs mit respektloser Schnoddrigkeit. Für die Soldaten ergibt sich dadurch ein immerwährender Druck, ihre Anwesenheit zu rechtfertigen, der sich schließlich im tödlichen Zwischenfall entlädt. Mit bedrückender Intensität verdeutlicht der Zwischenfall, wie sehr die Grenze das gesellschaftliche Leben beeinflussen kann, selbst wenn keine objektive Bedrohung vorhanden ist. Sowohl der Schütze als auch die Freundin des Opfers zerbrechen am aufgebauten Druck, der nicht mit einer realen Bedrohung korrespondiert. Kim Ki-Duk analysiert eine Gesellschaft, die innerlich zerrissen an der eigenen Verteidigungshaltung zu Grunde zu gehen droht. Das militärische Herz dieser Haltung bedroht nicht nur die Bewohner des Grenzgebietes, sondern alle Koreaner. Das macht Kim mit der letzten Szene des Films deutlich. Dabei geht es ihm nicht, um die Verurteilung des einzelnen Soldaten, sondern um die allgemeine Geisteshaltung, um die Wunde, welche die koreanische Halbinsel durchzieht.

Bildqualität

Zwar weist das Bild der DVD kaum Verschmutzungen oder Defekte auf, dafür bleibt die Schärfe aber durchgehend nur angenehm. Vor allem die Detailzeichnung erreicht nicht das obere Niveau. Die reduzierte Farbpalette wurde demgegenüber gut auf die DVD übertragen. Sie korrespondiert mit der angespannten, ereignislosen Situation, der sich die Truppe gegenüber sieht. Der Kontrast sorgt dafür, dass in dunklen Szenen Details verloren gehen.

Tonqualität

Die 5.1-Tonspuren beschränken sich auf eine solide Kulisse der vorderen Boxen. Die Dialoge sind klar und verständlich, die Musik kommt gut zur Geltung. Eine räumliche Atmosphäre entsteht aber nicht. Das liegt natürlich auch daran, dass der Film wenig spektakuläre Szenen besitzt, zur Unterstützung der fast paranoiden Atmosphäre hätte mehr Räumlichkeit aber gut getan. Insgesamt ist der Ton in Ordnung.

Extras

coast guardDas etwa 35minütige Making Of beschäftigt sich weitgehend chronologisch mit den Dreharbeiten und bietet einen Zusammenschnitt aus B-Roll-Material und Filmausschnitten. Der darüber liegende Kommentar ordnet das Geschehen in größere Zusammenhänge ein, so dass Interpretationsansätze zum Film deutlich werden („Coast Guard“ als psychologisches Drama, Die Trennlinie zwischen Nord- und Südkorea). Darüber hinaus erfährt man auch ein paar interessante Aspekte über die Dreharbeiten. Die Darsteller der Soldaten mussten beispielsweise vor Drehbeginn das Drill-Training absolvieren, das auch die Soldaten zur Ausbildung hinter sich bringen müssen. Ein Musik-Video, dessen Text löblicherweise deutsch untertitelt ist, zwei Trailer sowie ein TV-Spot runden das Bonus-Material ab.

Fazit

Kim Ki-Duk hat mit „Coast Guard“ ein intensives Drama inszeniert, das die reale sowie seelische Trennung zwischen Nord- und Südkorea behandelt. Dabei sorgt die Grenzlinie für Verwundungen auf verschiedenen Ebenen. Technisch landet die DVD im Durchschnitt.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Hae anseon (Südkorea 2002)
Länge 96 Minuten (Pal)
Studio i-on new media im Vertrieb der Splendid
Regie Kim Ki-Duk
Darsteller Jang Dong-Kun, Kim Jeong-Hak, Park Ji-A, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, Koreanisch
Untertitel Deutsch
Extras Making Of, Trailer, u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gut, technisch durchschnittlich