Bloody Brother

Broadcast Killer

Eine simple Idee kann das perfekte Konzept für einen guten Film sein. "Broadcast Killer" besitzt in jedem Fall eine simple Idee, schauen wir doch einmal nach, ob es auch ein guter Film ist. Zunächst aber zur Idee: Wer in den letzten Jahren die Erfindung Fernsehen auch nur irgendwie zu Kenntnis genommen hat, konnte nicht umhinkommen, die zahlreichen Reality-Shows (Big Brother, Dschungelcamp, etc.) zu bemerken. "Broadast Killer" besteht nun daraus, das beschlagnahmte Rohmaterial einer solchen (logischerweise nie ausgestrahlten) Show zu zeigen. Als Zuschauer sieht man also die ungeschminkte, unbearbeitete "Wahrheit" dieser Show. Und um Missverständnissen vorzubeugen, "Broadcast Killer" ist eine filmische Fiktion. Als Zuschauer des Rohmaterials weiß man zunächst nicht, worum es in der Show genau geht. Nach dem Anfang mit Interviews der Kandidaten schneidet der Film sofort auf einen Feldweg mitten im Nirgendwo. Die Kandidaten sind mit ihrem Auto auf dem Weg zu einer Hütte, aber das Auto hat eine Panne. Da die Kandidaten glauben, dass es sich um eine geplante Aufgabe handelt, macht sich einer von ihnen an die Reparaturarbeit - begeleitet durch lebhafte Diskussionen der anderen, ob man sch nicht doch abholen lassen soll. Irgendwie geht es um Punkte, die man einsetzen kann, Sympathiepunkte durch die Zuschauer spielen laut den Dialogen auch eine Rolle. Plötzlich nimmt ein mysteriöser Fremder, den sie als Anhalter mitgenommen haben, eine Geisel. Er droht, sie mit seinem slashertypischen Messer umzubringen. Jetzt stellt sich für die Kandidaten die Frage, ob das ein perfider Teil der Show ist, oder Realität.
"Broadcast Killer" wird über seine kompletten 70 Minuten diesen Feldweg nicht mehr verlassen. Es handelt sich also im Grunde genommen um ein Kammerspiel auf weitem Feld, mit dem Killer als Begrenzungslinie. Denn er würde sicher töten, sobald die anderen den Ort einfach verlassen. Das Setting besitzt filmästhetisch gesehen einen halbwegs glaubwürdigen Charakter, wenn es Ziel des Fernsehsenders wäre, den Bildern dem Showkonzept entsprechend einen rohen, ungeschliffenen Touch zu verleihen. In diesem Sinne funktioniert das Werk folglich recht gut, nur die Dramaturgie selbst trägt die 70 Minuten nicht. Zumindest auf dieser Ebene hat man seine Vorbilder perfekt kopiert, denn nichts ist langweiliger als Big Brother oder das Dschungelcamp. Insofern bietet auch das Rohmaterial zu einer ähnlich gelagerten Show wenig Spannungsbögen. Die Killerfigur, welche plötzlich mit dem Messer herumfuchtelt, verhält sich ohne jede Glaubwürdigkeit. Da steht dieser geifernde Fratz auf dem Feldweg, das Messer an der Kehle seines potentiellen Opfers, und nun? Außer Herumbrüllen hat er nichts zu bieten. Er lenkt die Situation in keiner Weise, obwohl er doch ein beachtliches Drohpotential zur Verfügung hat. Zwischendurch faselt er etwas von Abbruch, aber einen zusammenhängenden Satz bringt er nicht über seine Lippen. Dabei wirkt er auch nicht psychopathisch, sondern einfach nur hilflos. Zugegebenermaßen liefert das Ende eine Erklärung für die Unbeholfenheit, das ändert aber nichts daran, dass es zwischen öde und seltsame pendelt, wenn ein Killer mit seinem potentiellen Opfer geifernd auf einem Feldweg steht und die damit konfrontierten übrigen Kandidaten abwechselnd zu ihm hingehen oder sich zur Diskussion in die Nähe des Autos zurückziehen, stets vom Senderkameramann begleitet. Im wahrsten Sinne des Wortes ein ständiges hin und her, dass auch durch die kleinen vorhandenen satirischen Spitzen nicht nennenswert besser wird.

Bildqualität

Zur Bildqualität braucht man eigentlich gar nichts schreiben. Da wir das unbearbeitete Rohmaterial einer nie ausgestrahlten Fernsehshow sehen, darf sich die DVD fast alles leisten. Da die Darsteller einigermaßen scharf erkennbar sind und es keine besonders groben Ausfälle gibt, wird die Bildqualität dem Filmkonzept vollends gerecht. Sie unterstützt das Ansinnen sogar aktiv, so dass alles in Ordnung ist.

Tonqualität

Der 2.0-Ton ist weitgehend verständlich und klingt nur ein wenig dumpf. Vermutlich wurde er direkt am Set aufgenommen. Dem Filmkonzept entsprechende bietet er keinerlei besondere Effekte, so dass der raue Look auch auf dieser Ebene eine adäquate Unterstützung findet.

Extras

Die drei Macher hinter "Broadcast Killer" Stefan Kobe (Produktion und Schnitt), Ulrich Meczulat (Produktion, Regie und Schnitt) und Martin Roth (Produktion und Kamera) haben es sich nicht nehmen lassen, einen Audiokommentar zu sprechen. Dabei unterhalten sie sich ganz launig über die Produktionsbedingungen, stellen heraus, dass die reale Drehzeit nur vier Tage betrug und erläutern in kurzen Worten die Projektentwicklung. Die inhaltliche Ebene des Films mit seiner Dramaturgie spielt nur eine geringe Rolle in ihren Ausführungen. Das ganz lässt sich recht gut anhören, ohne in besonders erhellende Regionen zu gelangen.
Das etwa 30minütige Making Of besteht aus unkommentiertem B-Roll-Material der Proben sowie der Dreharbeiten. Hier erfährt man unter anderem, dass eine Oben-Ohne-Szene aufgrund der Kälte bei den Dreharbeiten gestrichen wurde. Zusätzlich kann man den Darstellern beim Essen auf dem Feld zusehen und ab und an sagt auch mal jemand etwas in die Kamera. Dennoch wird der Informationsgehalt der Länge des Beitrags nicht gerecht, der in dieser Form reichlich aufgeblasen wirkt.
Wirklich sehr gut gelungen sind die Figuren-Interviews (ca. 28 Minuten). Dabei handelt es sich um Gespräche, die nach dem finsteren Ende der fiktiven Fernsehshow mit den meisten Kandidaten geführt wurden. In diesen 28 Minuten ist deutlich mehr inhaltliche Tiefe vorhanden als im Hauptfilm, wenn die Kandidaten zwar ihre Betroffenheit zum Ausdruck bringen, aber die eigene Verantwortung herunter spielen möchten.
Während der Proben sowie des Drehs wurden die Darsteller befragt, deren Antworten zu einem etwa 10minütigen Beitrag zusammen geschnitten wurden. Dabei erfährt man ein wenig darüber, wie die Schauspieler zum Projekt kamen. Zusätzlich äußern sie ihre Begeisterung angesichts des Filmthemas. Ganz nett, aber auch schnell vergessen.
Wer es möchte kann sich auch noch den Film als Bühnenprobe ansehen (ca. 38 Minuten). Das besitzt in dieser Länge endgültig nur noch Qualitäten für die Beteiligten am Projekt. Beim Ansehen können sie in Erinnerungen schwelgen und das Material später ihren Enkeln zeigen.
Zusätzlich enthält die DVD zwei Kurzfilme von Regisseur Ulrich Meczulat. "Teenshocker" (ca. 10 Minuten) besteht aus einem sehr langen Gespräch eines Pärchens in ihrem auf einem Feldweg stehenden Auto über die Möglichkeit, an so einem Ort einen Horrorfilm spielen zu lassen. Die Unterhaltung ist bereits uninteressant, um dann in einer sinnlosen Auflösung zu gipfeln. Wesentlich besser ist "Flirt im Nachtbus" (ca. 20 Minuten) geraten, der grundsätzlich das "Broadcast Killer"-Konzept vorweg nimmt. Es geht um Produktion einer fiktiven TV-Show. Das funktioniert hier auch deutlich besser als beim Hauptfilm.
Abgerundet wird das Bonusmaterial durch einen Trailer, einen Teaser und eine Bildergalerie.

Fazit

"Broadcast Killer" funktioniert dramaturgisch etwa ähnlich gut wie seine Vorbilder Dschungelcamp oder Big Brother. Ohne tatsächliche Spannungsbögen und weitgehend ohne treffsichere satirische Spitzen, bleibt nur wenig mehr als ein seltsames Feldweg-Szenario übrig. Die wenigen Highlights können das nicht retten. Das reichhaltige Bonusmaterial ist etwa zu Hälfte gelungen und zur anderen Hälfte kaum brauchbar.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Broadcast Killer (BRD 2005)
Länge 70 Minuten (Pal)
Studio epiX
Regie Ulrich Meczulat
Darsteller Tessa Nadjafian, Sebastian Achilles, Marika Elena David, Gianni Meurer, Nicolai Tegeler
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Deutsch
Untertitel -
Extras Audiokommentar von Stefan Kobe (Produktion und Schnitt), Ulrich Meczulat (Produktion, Regie und Schnitt) und Martin Roth (Produktion und Kamera), Kurzfilme "Teenshocker" und "Flirt im Nachtbus", Trailer u.m.
Preis ca. 15 EUR
Bewertung Film schwach, Bonusmaterial mit guten Teilen