Blutige Rituale

Borderland

Borderland„Borderland“ gehört wie Rolfe Kanefskys „Nightmare Man“ zu den „8 Films to die for“ des amerikanischen „After Dark Horrorfestes“. Stilistisch beackert Regisseur Zev Berman jedoch ein ganz anderes Feld als sein Inszenierungskollege Kanefsky. Statt triebhaftem Slasher präsentiert er eine erdige True-Crime-Geschichte finsterer Natur. Im Zentrum stehen drei Amerikaner, die vor ihrer College-Zeit noch einmal einen drauf machen wollen. Also fahren die drei nach Mexiko, wo Alkohol und Sex winken. Am ersten Abend trennt sich Phil von seinen beiden Freunden, da er schon früher zur Unterkunft will, um sich auszuruhen. Dort kommt er jedoch nicht an, weil ihn die Angehörigen einer Sekte entführen. Sie brauchen den jungen Amerikaner für ein Ritual, das ihnen zusätzlich Stärke verleihen soll. Phils Freunde versuchen die mexikanische Polizei davon zu überzeugen, nach dem Vermissten zu suchen, beißen aber auf Granit, da Phil noch nicht lange genug verschwunden ist. Damit wollen sie sich jedoch nicht zufrieden geben. Gemeinsam mit einer Mexikanerin, die sie am Tag zuvor in einer Bar kennen gelernt haben, forschen sie nach dem Verbleib ihres Freundes. Dabei kommen sie der Sekte, deren Mitglieder vor keinerlei Gewalt zurückschrecken, immer näher.

Gleich zu Beginn etabliert Zev Berman den finsteren Ton, als zwei mexikanische Polizisten bei der Durchsuchung eines Hauses mit dunklen Zimmern und Fluren auf Angehörige der Sekte treffen. Mit erschreckender Kaltschnäuzigkeit verrichten die Sektenmitglieder ihr tödliches Handwerk, während fahles Licht die Szenerie beleuchtet. Die Kamera nimmt dabei im entscheidenden Augenblick die Perspektive des zur Beobachtung gezwungenen, am Boden liegenden Polizisten ein, so dass sich die Wucht der Gewalt ohne Ablenkung durch inszenatorische Mätzchen entfaltet. Hilflos muss man aus seiner Sicht mitanschauen, was dort passiert.Borderland Entlastung in der Form eines filmischen Stilmittels gibt es nicht. Die konsequente Einführung der Sektenmitglieder, denen alles zuzutrauen ist, schwebt fortan wie ein Damokles-Schwert über den drei Amerikanern. Während sie noch in der Leichtigkeit des Feierns schwelgen, haftet den Szenen bereits die Drohung der kommenden Ereignisse an. Die drei balancieren, ohne es zu wissen, an der Grenze zum Tod herum. Es ist die Geschichte von dem einen falschen Schritt, den man in der Fremde tut. Dabei geht es Berman nicht darum, Mexiko als unzivilisatorischen Ort zu diffamieren, an dem das Leben braver Amerikaner keinen Dollar wert ist, sondern er schildert den unerwarteten Gewalteinbruch in eine scheinbar friedliche Szenerie. Die Grenze zwischen unbeschwerter Existenz und dem Kampf ums eigene Überleben ist ein dünnes Band, das am falschen Ort schnell zerreißt.

Der Film entwickelt dadurch eine morbide Atmosphäre der Vergänglichkeit, die das Leben als fragilen Zustand interpretiert. Plötzlich erscheinen dieselben Straßen und Plätze der Stadt gespenstisch. Die Nachforschungen, welche die beiden Amerikaner mit der Mexikanerin anstellen, strahlen auch dann Todesgefahr aus, wenn diese nicht direkt sichtbar ist. Berman stattet die dunkle Seite mit einer intensiven Kraft aus, die alles zu verschlucken droht, was sich ihr in den Weg stellt. Dabei ist es weniger die tatsächliche Macht der Sekte, die sie so stark werden lässt, sondern die gefühllose Konsequenz ihres Vorgehens, die andere überrumpelt. In einer Szene legt sich einer der Amerikaner mit großspuriger Geste mit den Sektenmitgliedern an, die ihrerseits auf gelassene Weise ihre Waffen einsetzen, nicht um ihrem Gegner einen Schreck einzujagen, sondern um ihn auf offener Straße zu töten. Das Dilemma der Amerikaner besteht darin, dass sie ihre Emotionalität, mit der sie ihrem Freund beistehen wollen, aufgeben müssten, um in der Auseinandersetzung bestehen zu können. Ein ebenso hoher wie bedrückender Preis.

Bildqualität

Das Bild präsentiert sich in ausgezeichneter Qualität auf der vorliegenden DVD. Die visuellen Stilmittel – beispielsweise Wechsel zwischen körnigem und weniger körnigem Material oder Kontrastbearbeitung – wurde ebenso gut auf die DVD übertragen, wie die weniger bearbeiteten Szenen eine sehr gute Schärfe aufweisen. Auch die Farben, welche in gleicher Weise dem Stilwillen des Regisseurs unterliegen, wurden sehr gut auf die DVD übertragen. Störende Rauschmuster existieren nicht.

Tonqualität

Die Dialoge der drei Tonspuren sind klar und verständlich, störendes Rauschen existiert nicht. Genrebedingt kommen die hinteren Lautsprecher bei den vielen Dialogszenen kaum zum Einsatz, während die Actionsequenzen eine sehr gute räumliche Abmischung aufweisen. Hier werden die hinteren Lautsprecher für zahlreiche atmosphärische Geräusche eingesetzt und die Kulisse besitzt ein hohes Maß an Dynamik.

Extras

Der Audiokommentar mit Zev Berman (Regie), Brian Presley (Darsteller), Scott Kevan (Kamera) und Lauren Moews (Produktion) geht sowohl auf die Entstehungsgeschichte des Films, die Drehortsuche und den Bezug des Regisseurs zur Hintergrundgeschichte als auch auf szenenspezifische Themen wie Kameraarbeit und die Leistung der Schauspieler ein. Kleine Anekdoten vom Dreh würzen die informativen Ausführungen.

Die sehr gute BorderlandDokumentation „Rituales de Sangre“ (etwa 29 Minuten) schildert aus der Sicht des ermittelnden Sheriffs auf amerikanischer Seite die Hintergründe des realen Falles, welcher der Handlung zugrunde liegt. Der Beitrag „Inside Zev's Head – Reflections on Borderland“ (etwa 21 Minuten) überschneidet sich zwar in einigen Punkten mit Ausführungen aus dem Audiokommentar, liefert aber durchaus vertiefende Informationen über die Dreharbeiten, die Drehorte sowie die verwendeten Effekte.

Die sechs Webisodes (zusammen etwa 19 Minuten und 30 Sekunden), in denen es um die Ausscheidung zur Miss Horrorfest 2007 des After Dark Festivals geht, spiegeln auf bedingungslose Weise ihre amerikanische Urheberschaft wieder. Die seltsame Mischung aus scheinbar offen sexualisierter Darstellung der Frauen, welche zwar Fetischkleidung tragen, aber verklemmt-künstlich daherkommen, und inhaltslosem bis unverständlichem Showgehabe muss man gesehen haben, um es zu glauben. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Borderland“ reflektiert über die Zerbrechlichkeit der Existenz, indem er das Leben dreier junger Amerikaner durch die düstere Macht gefühllos ausagierter Gewalt aus den Angeln hebt. In der unübersichtlichen Fremde wird ihr Dasein ein Kampf ums Überleben, indem sie selbst ihre Persönlichkeit verändern müssen, um eine Chance zu haben. Technisch ist die DVD sehr gut, das Bonusmaterial überzeugt weitgehend.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Borderland (USA 2007)
Länge 101 Minuten (Pal)
Studio Sunfilm
Regie Zev Berman
Darsteller Brian Presley, Rider Strong, Jake Muxworthy, Beto Cuevas, Martha Higareda, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS Deutsch, DD 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar mit Zev Berman (Regie), Brian Presley (Darsteller) Scott Kevan (Kamera) und Lauren Moews (Produktio), Dokumentation „Rituales de Sangre“, Trailer, u.m.
Preis ca. 18 EUR
Bewertung gut, technisch sehr gut