Das Tal der Medizintechnik

Auf Messers Schneide

Auf Messers SchneideDer Erfolg eines regionalen Wirtschaftsclusters hängt oftmals mit der Entwicklung eines Kreativen Milieus zusammen. Beispiele für solche Miliues sind die Schweizer Uhrenindustrie oder eben auch die Medizintechnik im Raum Tuttlingen, der sich die Dokumentation „Auf Messers Schneide“ widmet. Wenn qualifizierte Arbeitskräfte, Wirtschaftsgeist, enge persönliche Beziehungen der verschiedenen Akteure untereinander mit entsprechender Vertrauensbasis, die in vernetzten Kooperationen münden, und Wissensaustausch zusammen kommen, dann kann sich so etwas wie ein Kreatives Milieu entwickeln, dessen Stärke ein hohes Maß an Innovationsfähigkeit ist. Die Filmemacher zeichnen in ihrem Werk die historischen Ursprünge, Verflechtungen innerhalb der Industrie und die aktuellen Herausforderungen der Globalisierung nach. Dabei kommen sowohl Vertreter der großen Unternehmen, die in ihrem jeweiligen Spezialgebiet Weltmarktführer sind, als auch zahlreiche kleine Unternehmer zu Wort.

Eine der größten Stärken der Dokumentation ist die präzise Darstellung der Menschen, die an dem großen Erfolg der Tuttlinger Medizintechnik mitgearbeitet haben. Dabei geht es weniger um die biographische Erfassung ganz bestimmter Personen, als vielmehr um eine Charakterisierung der inneren Einstellung. Der stark ausgeprägte Wirtschaftsgeist spiegelt sich in den Aussagen der Befragten wieder, wenn sie über ihr Unternehmen beziehungsweise die Verbindungen zu anderen Produzenten oder Einkäufern sprechen. Das theoretische Konstrukt des Kreativen Milieus erhält ein menschliches Gesicht und wird so erfahrbar sowie nachvollziehbar. Das ist vor allem vor dem Hintergrund des kritischen Respektes, den so Auf Messers Schneide manche Unternehmensleiter oder -Leiterinnen voreinander haben, höchst faszinierend. Konkurrenz und Befruchtung durch die einzigartige Ballung medizintechnischer Firmen ergeben ein Spannungsverhältnis, das wiederum Teil der Innovationskraft wird. Die aktuelle Konkurrenz aus Pakistan wird das Kreative Milieu Tuttlingens, das unter anderem unter Nachwuchsmangel leidet, auf die Probe stellen. Auch wenn der visuelle Einfallsreichtum zur filmischen Umsetzung des Themas begrenzt ist, wartet „Auf Messers Schneide“ mit ein paar detaillierten Szenen echter Operationen auf, die für den Interessierten sehr spannend sind, den Zartbesaiteten aber abschrecken könnten.

Bildqualität

Die Bildqualität der DVD ist erwartungsgemäß durchschnittlich, da das auf Video gedrehte Werk nur eine mittelprächtige Schärfe aufweist. Verschmutzungen oder Defekte fehlen aber ebenso erwartungsgemäß. Die Farben sind natürlich, der Kontrast ist guter Durchschnitt. Insgesamt einem Bildqualität, die in Ordnung geht.

Tonqualität

Der 5.1-Ton nutzt teilweise seine Möglichkeiten durch eine geschickte Verteilung verschiedener Nebengeräusche, beispielsweise der Produktion in den einzelnen Firmen. Die Sprache wird klar und verständliche wiedergegeben, störende Rauschen existiert nicht.

Extras

Der Audiokommentar von Sören Lauinger und Ephraim Broschkowski (beide Regie) liefert zahlreiche weitere Hintergründe über die Drehbedingungen – unter anderem in Pakistan -, geht auf die Recherche ein, liefert Zusatzinformationen zu einigen der auftretenden Unternehmer und stellt die Auf Messers SchneideProjektentwicklung in den Grundzügen dar. Ein sehr guter Audiokommentar. Hinter „Impressionen Tuttlingen“ (etwa sieben Minuten) verbirgt sich nicht etwa eine Zusammenschau des touristischen Potentials der Kleinstadt, sondern es ist der Zusammenschnitt einiger Aufnahmen des 3. Donautal-Marathons in Tuttlingen. Das „Making Of“ (etwa sieben Minuten) zeigt ein paar B-Roll-Aufnahmen vom Dreh und lässt kurz die beiden Regisseure zu Wort kommen, ohne das wirklich erhellendes zu sehen oder zu hören ist. Überflüssig. „Etikettenschwindel und Plagiate“ (etwa sieben Minuten) geht auf das Thema der Produktfälschung oder der Fälschung des Produktionslandes ein, da es im fertigen Film nur begrenzt untergebracht werden konnte. Hier kommt sowohl ein Vertreter der Polizei als auch eines betroffenen Unternehmens zu Wort. Eine gelungene Ergänzung zum Film. Der Trailer rundet das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Auf Messers Schneide“ liefert faszinierende Einblicke aus einem Wirtschaftsbereich, der den meisten Menschen unbekannt sein dürfte. Dabei gelingt des dem Film vor allem, dem Begriff Wirtschaftscluster ein menschliches Gesicht zu verleihen, so dass aus Theorie Realität wird. Technisch ist die DVD in Ordnung.

Stefan Dabrock

   
Originaltitel Auf Messers Schneide (BRD 2009)
Länge 84 Minuten (Pal)
Studio fechnerMEDIA
Regie Sören Lauinger, Ephraim Broschkowski
Darsteller -
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 5.1 Deutsch, DD 2.0 Deutsch
Untertitel Englisch
Extras Audiokommentar mit Making Of, u.m.
Preis ca. 20 EUR
Bewertung gut, technisch in Ordnung