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Am Tag als der Regen kam

Am Tag als der Regen kam

„Am Tag als der Regen kam“ ist einer der wenigen deutschen Filme des 1938 in die USA ausgewanderten Regisseurs Gerd Oswald, der in Amerika neben einigen Genrefilmen vor allem Folgen erfolgreicher TV-Serien wie „Bonanza“, „Raumschiff Enterprise“, „Rawhide“ oder „Perry Mason“ inszenierte. Seine beim Label Pidax veröffentlichte Auseinandersetzung mit der deutschen Nachkriegsatmosphäre gehört zu den sehenswertesten Werken der heimischen Filmproduktion aus den 1950er Jahren.
Werner (Mario Adorf) hat eine Bande jugendlicher Krimineller um sich gescharrt, mit der er erfolgreiche Beutezüge organisiert. Vom Raubüberfall auf Autofahrer mithilfe eines weiblichen Lockvogels (Elke Sommer) bis zu Plänen für einen großen Coup reicht das Spektrum seiner Gaunerwelt. Auch Robert (Christian Wolff) gehört zu Werners Bande, aber die Aktivitäten werden ihm langsam zu heiß. Er möchte aussteigen und mit seiner Freundin Inge (Corny Collins) von Berlin nach Westdeutschland ziehen. Doch die junge Frau stammt aus Ostberlin und kann nicht so einfach übersiedeln. Als Werner merkt, dass ihm Robert langsam entgleitet, versucht er, diesen mithilfe körperlicher Gewalt durch seine Helfer zu disziplinieren. Das treibt den jungen Mann jedoch nur noch weiter weg. Gleichzeitig muss sich der Bandenchef mit seinem versoffenem Vater (Gert Fröbe) herumschlagen, den er mit Geld aus seinen Beutezügen unterstützt.

Oswald entwirft eine klassische Figurenkonstellation, um rebellisch daherkommende Jugendliche mit einem rotzig-selbstbewusst auftretenden Bandenchef und dem viel zu liebenswerten Mitläufer Robert, der eigentlich ein ruhiges Leben mit seiner Freundin führen möchte. Das im Genrekino erprobte Konfliktpotenzial zwischen dem Anführer und dem Aussteigewilligen entfaltet erst im Zusammenhang mit der visuell gestalteten Nachkriegsatmosphäre Berlins seine volle Wirkung.
Kameramann Karl Löb zeichnet ein gespenstisches Bild der Stadt. Die nachts natürlich menschenleeren Tribünen der damals noch als Rennstrecke genutzten Autostraße AVUS, auf der die Bande ihren ersten im Film gezeigten Überfall begeht, wirken seltsam bedrohlich. Während die verwaisten Sitze daran erinnern, dass die Szenerie zu entsprechenden Anlässen mit Massen an Augenzeugen bevölkert ist, gelingt der Überfall in der Anonymität der Einsamkeit. An dem Ort, der gerade für das Beobachten geschaffen worden ist, herrscht eine machtvolle Leere. Werner und seine Mitstreiter füllen sie mit Gewalt – die noch relativ junge Republik wirkt brüchig. Darauf verweisen auch die Bilder der Reichstagsruine, in deren Keller die Bande Lagebesprechungen abhält. Die Wunden der Vergangenheit sind so offensichtlich wie der Hang zur Verdrängung. Und so kann Werner ausgerechnet diesen verlassenen Ort mit Am Tag als der Regen kam neuem, gesellschaftlich nicht gewünschtem Leben füllen.
Harte Schwarz-Weiß-Kontraste verstärken den Gegensatz zwischen den oftmals im strahlenden Licht illuminierten Kriminellen und ihrer düsteren Umgebung. Doch die visuelle Eleganz der hell anmutenden Bandenmitglieder entpuppt sich als Schein. Denn Werner muss sich mit seinem Vater herumschlagen, dem die Zulassung als Arzt entzogen wurde. Seitdem säuft der Mediziner nur noch. Ein bebrillter Mitläufer versucht mit Begeisterung Teil der Bande zu werden, ohne an die Konsequenzen zu denken, und Werners Freundin Ellen macht zwar auf lasziv-lässig, aber ihr rebellischer Geist hat enge Grenzen, sobald die Gefahr näher rückt. Das soziale Gerüst der Figuren wirkt brüchig.

Der hervorragend aufgelegte Mario Adorf hat das Lebensgefühl des Anführers Werner zwischen Draufgängertum und privaten Sorgen perfekt verinnerlicht. Er strahlt förmlich den schmalen Grat aus, auf dem dieser junge Mann wandelt. Den Absturz ins soziale Nichts in Form seines Vaters vor Augen versucht er so schnell wie möglich seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Doch sein Streben nach Wohlstand ist noch risikoreicher, als die Alternative eines Lebens im Arbeitsalltag. Sicherheit existiert in seinem aufgebauten kriminellen Milieu nicht, sein Minenspiel sieht stets ein wenig fragil aus. Die innere Verfassung der Hauptfiguren wirkt brüchig.
In „Am Tag als der Regen kam“ geht es um die mürbe Realität der Menschen im Deutschland der späten 1950er Jahre, die trotz des Wirtschaftswunders nicht der Vergangenheit angehörte. Unsicherheit, Schein und Verfall prägen das gezeichnete Bild einer Gesellschaft, die sich keineswegs gefunden hat.

Bildqualität

Am Tag als der Regen kam

Die Bildqualität der DVD ist sehr gut. Scharfe Szenerien erstrahlen im oftmals glasklaren Schwarzweiß, das vom ausgewogenen Kontrast profitiert. So macht der Film auch visuell einen frischen Eindruck.

Tonqualität

Der Monoton klingt über weite Strecken recht gut, lediglich am Anfang tauchen ein paar Störgeräusche auf. Die Dialoge sind aber stets gut verständlich.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus einem Nachdruck der „Illustrierten Film-Bühne“.

Fazit

In „Am Tag als der Regen kam“ werden keine konkreten politischen oder sozialen Problempunkte benannt, aber die brüchige Atmosphäre spricht auf subtile Art und Weise Bände. Ein faszinierender Genrefilm, der die Befindlichkeit im Deutschland der späten 1950er Jahre aufnimmt. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

10.03.2015

   
Originaltitel Am Tag als der Regen kam (BRD 1959)
Länge 81 Minuten (Pal)
Studio Pidax Film
Regie Gerd Oswald
Darsteller Mario Adorf, Christian Wolff, Gert Fröbe, Corny Collins, Elke Sommer, Claus Wilcke, Ernst Jacobi, u.a.
Format 1:1,33 (4:3)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch
Untertitel -
Extras Nachdruck der „Illustrierten Film-Bühne“
Preis ca. 12 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut