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Der Traum vom Glamour-Agenten

Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod

Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod

In der Regel wird die Welt von britischen oder amerikanischen Agenten gerettet, aber auch ein deutscher Geheimdienstmann hat sich auf diesem delikaten Gebiet einen Namen gemacht: Robert Urban vom BND ist ein Teufelskerl. Er kämpft wie ein Löwe, liebt das süße Leben und steckt seine Feinde mit Intelligenz in die Tasche. Niemand sollte sich mit Robert Urban anlegen.
Der deutsche Agent ist eine Schöpfung des 2005 verstorbenen Trivialschriftstellers C.H. Guenter, dessen bürgerlicher Name Karl-Heinz Günther lautet. Unter dem Pseudonym Bert F. Island schrieb Guenter zahlreiche Kommissar X-Romane, bevor er in den 1960er Jahren eine eigene Groschenheftserie um den BND-Agenten Robert Urban entwickelte. Der Spion mit dem Beinamen Mister Dynamit kämpfte zwischen 1965 und 1992 jeden Monat eine neue Schlacht, bevor die höchst erfolgreiche Reihe eingestellt wurde. Die politische Lage und die Leserschaft hatten sich geändert, der Groschenroman ist eine sterbende Literaturgattung. Einige bis dahin noch unveröffentlichte Romane erschienen später im Buchformat. Und einmal wurde eines der Spionageabenteuer auch verfilmt. „Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod“ mit Lex Barker als Robert Urban war als Auftakt einer Reihe geplant, sogar damalige hochrangige BND-Vertreter begrüßten das Projekt. Doch es kam anders und so blieb das Werk ein bis heute einzigartiges Kuriosum der deutschen Filmgeschichte.
Der ebenso reiche wie exzentrisch-böse Bardo Baretti (Amedeo Nazzari) erpresst die US-Regierung, indem er droht, eine aus den Lagerbeständen der Amerikaner entwendete Atombombe über Washington abzuwerfen. Während die Militärs dem Diebstahl auf eigenem Gebiet nachgehen, soll der BND „Amtshilfe“ in Europa leisten, wo sich Baretti aufhält. Für den schwierigen Auftrag kommt nur Robert Urban (Lex Barker) in Frage, der jeden Gegner schlagkräftig in die Knie zwingt, ohne seine Anzüge zu ruinieren oder einen Drink zu verschütten. Er macht sich mit der ihm eigenen Lebensfreude an die Arbeit, bei der ihn unter anderem der Amerikaner Cliff (Brad Harris) unterstützt.

Die Nähe zur ausgesprochen erfolgreichen James Bond-Reihe ist unverkennbar. Robert Urban trifft vor dem Beginn seiner Mission den Geheimdiensttüftler Strahlmann (Eddie Arent), der ihm ein paar nützliche Technikspielzeuge an die Hand gibt. Und natürlich muss Urban aus einem Techtelmechtel heraus reaktiviert werden, um sich wieder dem Ernst der Spionage zu widmen. Denn obwohl Arent mit der ihm eigenen Absurdität wie eine Parodie der Q-Figur aus dem Bond-Vorbild wirkt, war „Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod“ als ernstgemeinter Unterhaltungsfilm angelegt. Es fehlte jedoch am nötigen Budget für wirklich interessante Action und große Bilder. Diesen Mangel suchte man mit bizarren Zuspitzungen zu Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod kompensieren, die unter anderem darin gipfelten, dass der Bösewicht Baretti zur symbolischen Darstellung seiner Allmachtsfantasien nicht nur in seiner Villa mit einer Eisenbahn spielte, sondern sein prächtiges Auto ebenfalls mit einer herumfahrenden Bimmelbahn ausgestattet war. Markige Sprüche, elegante Autos, hübsche Frauen und ein paar schicke Drehorte gehörten ebenfalls zum erzählerischen Arsenal, mit dem Schwächen zugedeckt werden sollten.
Das funktioniert jedoch nur eingeschränkt. Denn auch wenn in den Bond-Filmen nicht immer die meisterhaft-clevere Ermittlungsarbeit im Vordergrund steht, weil sich die Bösen schonmal ohne Not aus der Deckung wagen, geht es doch mit der Erzählung voran. Neue Details werden enthüllt, die ein Gesamtbild formen. In „Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod“ tritt das Geschehen weitgehend auf der Stelle, sodass den Schießereien, den Faustkämpfen oder auch den auf elegant gemachten Barszenen ein inhaltlicher Kontext fehlt, und sei er noch so dürr. Im Prinzip kann man den Mittelteil aus dem Film herausschneiden, ohne dass irgendetwas unverständlich bleibt. Da die Action meistens statisch wirkt, entsteht auch keine schmissige Ablenkung.
Ohne den faszinierenden zeithistorischen Kontext, wäre der Film keine Zeile wert. Aber das Interesse, das die BND-Vertreter dem Projekt entgegen gebracht haben, macht aus „Mister Dynamit...“ einen bemerkenswerten Untersuchungsgegenstand. Denn offensichtlich träumte man bei den Geheimdienstlern davon, mithilfe eines Glamour-Agenten, das Image der Behörde aufpolieren zu können. Die Beteiligung des BND war letztlich zwar relativ gering, weil sich die Produzenten erst recht spät an den Nachrichtendienst wandten. Aber innerhalb der Behörde herrschte eine gewisse Freude vor, dass ein deutscher Agent als Hauptfigur eines solchen Films in Erscheinung treten sollte. Aus internen Dokumenten des BND geht laut BND-Historiker Dr. Bodo Hechelhammer hervor, dass man das Projekt mit Wohlwollen und optimistischen Erwartungen begutachtet hat. Doch aus dem Imagegewinn wurde nichts und der Traum vom Glamour-Agenten war beendet, weil laut Hechelhammer unter anderem die Verbindung Urban-BND nur selten hergestellt worden ist. Die Schreiber zahlreicher Kritiken ordneten danach die Hauptfigur anderen, beispielsweise ausländischen Organisationen zu. Darüber hinaus soll Lex Barker gezwungen gewesen sein, die Filmgage einzuklagen, sodass er für Fortsetzungen nicht mehr zur Verfügung gestanden haben soll.

Bildqualität

Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod

Pidax hat den Film in guter Qualität auf DVD veröffentlicht. Von ein paar Totalen abgesehen ist die Schärfe überraschend gut. Details und klare Konturen können überzeugen. Das Material ist zwar leicht ausgebleicht, aber dennoch wirken die Szenerien noch recht prägnant. Auch der Kontrastumfang ist in Ordnung, sodass „Mister Dynamit...“ visuell überzeugt.

Tonqualität

qDie 2.0-Mono-Tonspur ist ebenfalls völlig in Ordnung. Hier und da klingt die Musik in den Höhen etwas verzerrt, das sind aber nur sehr kurze Passagen. Die Dialoge sind gut verständlich und werden ohne nennenswerte Schwächen wiedergegeben.

Extras

In einem knapp 13-minütigen Interview erläutert Dr. Bodo Hechelhammer (Forschungs- und Arbeitsgruppe „Geschichte des BND“) die spannenden Hintergründe zur BND-Beteiligung am Filmprojekt. So faszinierend dieser Aspekt ist, so faszinierend ist auch die Optik der Interviewaufnahmen, die eher nach 1970er Jahre als nach 2014 aussehen.
Darsteller Brad Harris erinnert sich in seinem gut 3-minütigen Interview ein wenig an die Bedingungen am Drehort des Films, dabei geht er unter anderem auf den seiner Meinung nach fantastischen Fisch ein, der dort serviert wurde.
Ein Trailer und eine Bildergalerie sind auf der DVD ebenfalls enthalten.
Das 12-seitige Booklet enthält neben Werberatschlagbildern für den damaligen Kinostart und einigen Fotos zwei Texte. Reiner Boller beschreibt ein paar Aspekte der Produktionshintergründe und Dr. Bodo Hechelhammer schildert die Bezüge zwischen BND und Filmproduktion.

Fazit

„Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod“ ist durch das Interesse des BND an dem Filmprojekt zu einem zeithistorischen Dokument der deutschen Filmgeschichte geworden, während der Streifen handwerklich nicht der Rede wert ist. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

16.02.2015

   
Originaltitel Mister Dynamit – Morgen küsst euch der Tod (BRD 1967)
Länge 107 Minuten (Pal)
Studio Pidax Film
Regie Franz Josef Gottlieb
Darsteller Lex Barker, Maria Perschy, Amedeo Nazzari, José Suárez, Ullrich Haupt, Wolfgang Preiss, Ralf Wolter, Siegfried Rauch, Brad Harris, Gisela Hahn, Silvia Solar, Dieter Eppler, Gustavo Rojo, Carl Rapp, Eddie Arent, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch
Untertitel -
Extras Interview mit Brad Harris, Interview mit Dr. Bodo Hechelhammer, Bildergalerie, Trailer, Booklet
Preis ca. 13 EUR
Bewertung historisch faszinierend, technisch gut