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rezensionen

30.03. Paul Temple und der Fall Marquis
03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
26.08. Das Omen des Bösen
11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

dvd

Lebendiger Hass

Weißer Terror

 Weißer Terror

Roger Corman gehört zu den umtriebigsten Produzenten und Regisseuren Amerikas, der unter anderem für seine Edgar Allen Poe Adaptionen wie „ Lebendig Begraben“ („Buried Alive“, USA 1967) und „ Die Folterkammer des Hexenjägers“ („The Haunted Palace“, USA 1963) sowie Monsterfilme bekannt ist, zu denen auch Joe Dantes „Piranhas“ („Piranha“, USA 1978) zählt. Einer seiner ambitioniertesten Filme ist das Rassendrama „Weißer Terror“, den er Anfang der 1960er Jahre realisierte, als die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung erst noch Fahrt aufnehmen musste.
Der smart auftretende Adam Cramer (William Shatner) taucht in einem kleinen Südstaatennest auf, an dessen Schule demnächst auch Afroamerikaner unterrichtet werden sollen. Viele der weißen Bewohner des Ortes halten eine gemischte Schule zwar für falsch, aber sie scheinen sich widerwillig ins Unvermeidliche zu fügen. Die offizielle Gesetzgebung der Regierung zur Integration der afroamerikanischen Bürger hat bei ihnen Resignation ausgelöst. Cramer will sich den unter der Oberfläche gärenden Unmut zu Nutze machen, um einen Aufstand gegen die neue Entwicklung zu entfachen. Mit charismatisch vorgetragenen Worten erschleicht er sich erst das Vertrauen eines Großteils der weißen Bevölkerung, um sie dann gegen die Afroamerikaner aufzuhetzen. Cramers Ziel ist ein Exempel gegen die Integration, mit dem er in die Geschichte eingehen will. An seiner Seite steht auch der einflussreiche Unternehmer Verne Shipman (Robert Emhardt), der ihn bei seinem Kampf unterstützt. Einzig der weiße Journalist Tom McDaniel (Frank Maxwell) wagt es, Cramer offen zu widersprechen und sich für die Afroamerikaner einzusetzen. Die Wogen kochen immer weiter hoch.

Der Rassismus erhebt sein schmutziges Haupt nicht nur im offenen Kampf. Zu den großen Qualitäten des Dramas gehört die Darstellung des alltäglich schwelenden Rassenhasses, der auch dann präsent sein kann, wenn alles ruhig scheint. An den Esstischen, in den Kneipen oder bei sonstigen Gelegenheiten äußern sich die Menschen in „Weißer Terror“ untereinander abfällig gegenüber der anstehenden Integration. Das passiert bereits, bevor die Gewalt das Regiment übernimmt. Und so entwickelt der Film einen gesellschaftsanalytischen Scharfblick, der auch heute noch von zentraler Bedeutung ist.
Oftmals ohne argumentative Basis – nicht einmal auf Grundlage unsinniger Aussagen – hat  Weißer Terror sich in dem kleinen Kaff nur aus Gewohnheit eine ablehnende Stimmung gegenüber den Afroamerikanern breitgemacht. Sie ist das Ergebnis eines überlieferten Wertesystems, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Ella (Beverly Lunsford), die Frau des später mutig auftretenden Journalisten Tom, weiß nicht warum sie gegen die Integration ist. Alles was sie zu sagen hat ist, dass es nicht richtig ist. Sie verkörpert nicht nur den Überlieferungsrassismus, der unkritisch hinnimmt, was schon immer gesagt wurde, sie ist auch ein Sinnbild für das scheinbar harmlose Bürgertum, in dem entsprechende Ressentiments verbreitet sind. Cramer fungiert zwar als Aufwiegler, aber das funktioniert nur, weil er sich die negative Stimmung zu Nutze machen kann. Die schwelenden Vorurteile, die auch in heutigen Gesellschaften sehr präsent sind, erweisen sich ebenso als zentraler Teil der Gefahr.

Aus dem Aufeinandertreffen der beiden Kräfte entwickelt Corman die zerstörerische Kraft, mit der er das Drama speist. Als zündelnder Hetzer macht William Shatner eine ausgezeichnete Figur. Mit schleimigem Charme wickelt er die Leute um seinen Finger, um den Integrationsstreit für eigene Ambitionen zu nutzen. Aalglatt verkörpert Shatner diesen Menschen. Die geschliffene Verkäufersprache, die auf die jeweiligen Sehnsüchte und Emotionen des Gegenübers eingeht, gehört ebenso zu seinem Handwerkszeug, wie die Fähigkeit, mit brausender Wortgewalt eine mitreißende Rede zu schmettern. Cramers Auftritt vor den Bürgern des Ortes, an die er sich auf einer von ihm einberufenen Versammlung wendet, gehört zu den erschreckendsten Szenen des Films. Dabei nimmt die Kamera Shatner aus der Untersicht auf, um seine Figur Cramer wirkungsvoll zu dämonisieren. Das spiegelt auch die Unkontrollierbarkeit der Kräfte wieder, die er entfacht.
Denn Cramer ist nicht nur ein gefährlicher Aufwiegler, er wird auch zunehmend zur tragischen Figur seiner eigenen Hybris. Trotz aller Grausamkeit will Corman zusätzlich Hoffnung verbreiten, wenn er Cramer dabei zeigt, wie er sich in seinen eigenen Strategien zu verheddern droht. Aber die Urgewalt rassistischer Übergriffe speist sich nicht alleine aus Menschen wie Cramer, sie liegt viel tiefer in gesellschaftlichen Befindlichkeiten begraben. Und ein Funke kann genügen, um das verzehrende Feuer zu entfachen. Cormans „Weißer Terror“ ruft das nachdrücklich ins Gedächtnis. Das Drama ist deswegen immer noch so aktuell wie damals, auch wenn sich die äußerlichen Umstände geändert haben mögen.

Bildqualität

 Weißer Terror

Für die DVD stand eine sehr ordentliche Filmkopie zur Verfügung, sodass „Weißer Terror“ in ordentlicher bis guter Qualität erstrahlt. Leichte Abnutzungsspuren sind immer wieder zu erkennen, sie halten sich aber in einem engen Rahmen. Die Schärfe ist zumeist recht gut, nur in wenigen Szenen sieht das Bild sehr weich aus. So kommen die Schwarzweißaufnahmen angemessen zur Geltung. Der Kontrastumfang des Materials kann sich sehen lassen. Die Durchzeichnung der einzelnen Bildinhalte macht eine ordentliche Figur.

Tonqualität

Die Monotonspuren kommen mit dezentem Hintergrundrauschen aus, das an keiner Stelle die Verständlichkeit gefährdet. Die Dialoge sind kaum verzerrt und klingen weitgehend klar. Das gilt auch für die Musik, sodass die DVD auch hier gut abschneidet.

Extras

Das Bonusmaterial ist deutsch untertitelt, soweit es in englischer Sprache vorliegt.

Der Audiokommentar von Marcus Stiglegger und Ivo Ritzer (beide Filmwissenschaftler) ordnet den Film in seine Zeit ein, stellt Bezüge zu anderen Werken her, geht auf prägnante Aspekte der Dreharbeiten ein und analysiert sowohl die filmische Machart als auch die damit verbundenen inhaltlichen Motive des Films. Ivo Ritzer merkt man zu Beginn zwar an, dass für ihn die Rolle vor dem Mikrofon ungewohnt ist, aber im Laufe des Kommentars macht er sich davon etwas frei. Insgesamt ein kenntnisreicher und lohnenswerter Kommentar.

Die knapp einstündige Dokumentation „Heritage of Hate“, die Ende der 1970er Jahre entstanden ist, beschäftigt sich mit den damals aufflammenden Versuchen des Ku-Klux-Klans, wieder an Bedeutung zu gewinnen, und stellt sie in einen Zusammenhang mit historischen Fakten über den rassistischen Geheimbund. Dadurch entsteht ein erschreckendes Abbild der Gedankenwelt, die den entsprechend Hass legitimiert. Argumentative Maskierungen einzelner Klanmitglieder, mit der die eigene Ideologie verharmlost werden soll, werden entlarvt. Eine gute Dokumentation.

Im knapp zehnminütigen Beitrag „Remenbering Intruder“ äußern sich Regisseur Roger Corman und Darsteller William Shatner über das Projekt. Corman geht auf die Produktionsgeschichte, das finanzielle Scheitern sowie einige heikle Momente während der Dreharbeiten ein und Shatner erinnert sich lebhaft an die Arbeit am Film.

Eine Bildergalerie und der Trailer zum Film sind auf der ersten DVD ebenfalls enthalten.

Die zweite DVD des Sets enthält die gut 80-minütige Dokumentation „Charles Beaumont: The Short Life of Twilight Zone's Magic Man“. Weggefährten wie Ray Bradbury und andere Autoren erinnern sich an die Zeit in den späten 1940ern und 1950ern, als Beaumont mit dem Schreiben anfing. Die Dokumentation zeichnet die einzelnen Stationen in Beaumonts Leben nach, der schließlich ein erfolgreicher Autor wurde und auch für die Filmindustrie Drehbücher verfasste. Auch Beaumonts Arbeit an „Weißer Terror“ wird gewürdigt. Die Montage der Interviewsequenzen wirkt jedoch nicht hundertprozentig geglückt, da vor allem am Anfang viele banale Dinge zu Wort kommen und ein etwas langatmiger Eindruck entsteht. Eine Texttafel vor dem Film informiert darüber, dass die Qualität des Material nicht mehr nennenswert verbessert werden konnte, weil das Label den Film erst sehr spät erhalten hat. Die teilweise schwachen Videoaufnahmen stören allerdings kaum, weil es sich ohnehin nur um „Talking Heads“ handelt. Der teilweise schwache Ton ist schon auffälliger, aber die deutschen Untertitel verhindern, das Verständnisschwierigkeiten aufkommen können.

Der DVD liegt ein 8-seitiges Booklet mit einem Text von Pelle Felsch bei kurzer Karriere abrisse zu Roger Corman, William Shatner und Charles Beaumont liefert.

Fazit

„Weißer Terror“ zeigt die eindrucksvolle Dynamik, mit der aus schwelenden Rassenressentiments offene Gewaltausbrüche werden, die sich über Recht und Gesetz hinwegstellen. In der gesellschaftlichen Analyse aus Rassismus und Verführbarkeit besitzt der Film auch heute noch eine brennende Aktualität. Die Mechanismen der Gewaltentstehung lassen sich auch auf äußerliche andere Verhältnisse übertragen. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

19.01.2013

   
Originaltitel The Intruder (USA 1962)
Länge 80 Minuten (Pal)
Studio Media Target
Regie Roger Corman
Darsteller William Shatner, Frank Maxwell, Beverly Lunsford, Robert Emhardt, Leo Gordon, Charles Barnes, Charles Beaumont, Katherine Smith, u.a.
Format 1:1,85 (16:9)
Ton Mono Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Audiokommentar von Marcus Stiglegger und Ivo Ritzer (beide Filmwissenschaftler), Dokumentation „Heritage of Hate“, „Remembering Intruder“ - Roger Corman und William Shatner erinnern sich, Bildergalerie, Trailer, 8-seitiges Booklet, u.m.
Preis ca. 28 EUR
Bewertung sehr gut, technisch gut