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Tochter im Kofferraum

Stolen

Stolen

Nach den Actionfilmen „Con Air“ (USA 1997) und „Lara Croft: Tomb Raider“ (USA 2001) hat Regisseur Simon West viel fürs Fernsehen gearbeitet, bevor er innerhalb von zwei Jahren den rasanten Thriller „The Mechanic“ (USA 2011), das ironische Söldnerspektakel „The Expendables 2“ (USA 2012) und den vorliegenden Thriller „Stolen“ herausbrachte.
In letzterem hat Bankräuber Will Montgomery (Nicolas Cage) vor, den perfekten Bruch zu landen. Alles läuft nach Plan, bis er mit seinem Partner Vincent (Josh Lucas) am Hinterausgang der Bank auf einen unerwarteten Zeugen trifft. Während Vincent den Mann töten möchte, hält Will nichts von Gewalt. Bei ihrem Streit löst sich ein Schuss, der Vincent schwer verletzt. Als Will das zunächst abgelegte Geld holen will, hauen seine anderen Komplizen mit dem Verletzten ab, um nicht in die Hände der Polizei zu geraten. Will versucht mit einem anderen Wagen zu fliehen, wird jedoch gestellt und landet im Knast. Acht Jahre später ist er wieder auf freiem Fuß. Der ermittelnde Polizist Tim Harlend (Danny Huston) lässt den frisch entlassenen Sträfling nicht in Ruhe, weil die Beute nie aufgetaucht ist. Auch Wills damaliger Komplize Vincent möchte ein Stück vom Geldkuchen abhaben. Als heruntergekommene Existenz fährt er inzwischen Taxi. Mit seinem Gefährt entführt er Wills Tochter Alison (Sami Gayle), um das Geld zu erpressen. Doch Will hat es gar nicht. Deswegen setzt der Ex-Sträfling alles daran, Vincent aufzuspüren. Unterstützt wird er dabei von seiner damaligen Komplizin Riley (Malin Åkerman), die als Kellnerin arbeitet.

Die simpel klingende Handlung verdeutlicht nicht, das Simon West im Prinzip drei oder je nach Abgrenzung noch mehr Filme erzählt. Schon der Anfang, der über 20 Minuten Zeit in Anspruch nimmt, präsentiert eine eigene Caper-Handlung um das klassische Motiv eines perfekten Bankraubs. Die Anspannung vor dem Bruch, die planmäßige Durchführung, das unvorhergesehene Element, der daraus entstehende Konflikt und die abschließende Actionsequenz, bei der sich Will und die Polizei eine Verfolgungsjagd leisten, ergeben zusammen einen adrenalingeschwängerten Spannungsbogen. Die Stille vor dem Coup wird nur durch ein Creedence Clear Water Revival-Lied, das Will zur Entspannung hören möchte, und Stolen die leisen Gespräche der Gauner sowie der wartenden Polizei unterbrochen. Die dunkle Nacht prägt die künstlich beleuchteten Straßen von New Orleans. Simon West spielt souverän auf der Klaviatur atmosphärischer Inszenierungskunst, die den Abstand aus glückselig machendem Erfolg und drohender Katastrophe auslotet. Genie und Scheitern liegen bekanntermaßen dicht beieinander, sodass West eine schmale Linie zeichnet, auf der die Figuren balancieren müssen, um nicht in den Abgrund zu fallen. Der ist mit dem Knast aber noch nicht erreicht.
Will hat sich beim Stolpern nur eine blutige Nase geholt, aber seine Souveränität nicht verloren, während Vincent am Ende ist, als er acht Jahre später seine Entführung startet. Die Verknüpfung zum Anfang gelingt bruchlos, weil die wüste Eingangssequenz die emotionalen Grundlagen für die restlichen Konflikte gelegt hat. West knüpft „Stolen“ zwar aus mehreren Handlungsmustern zusammen – später folgt noch ein irrwitziger Einbruch -, aber er verliert die Kontinuität nicht aus den Augen. Deswegen zerfällt der Film nicht in Einzelteile, sondern ergibt ein stimmiges Ganzes.

Erzählerisch haben die Macher auf die Kultivierung des Übersteigerten gesetzt. Alles wirkt ein bisschen so, als sei das Drehbuch unter dem Einfluss von Koks entstanden. Polizisten fangen einfach an, auf den flüchtenden Will zu schießen, obwohl der gar keine eigene Waffe gezogen hat. So verhält man sich als Ordnungshüter in einem an sich realistisch gezeichneten Umfeld nur, wenn irgendetwas nicht stimmt. Figuren und Handlung sind aus der Balance der Normalität herausgefallen. Sie agieren auf flirrend-irrsinnige Weise in einer sonst gewöhnlichen Welt. Selbst der Mardi Gras, der berühmte Karneval in New Orleans, präsentiert kaum ausgeflippte Gestalten, die sind nur bei den Hauptfiguren zu finden.
Vor allem Vincent, dessen abgewrackte Psyche Josh Lucas mit einer Mischung aus lässigem Comicstil und erschütternder Erbärmlichkeit zum Leben erweckt, hat mit dem Leben eines geerdeten Menschen nichts mehr zu tun. Seine verzweifelte Situation spiegelt den Abgrund wieder, der auch Will droht, wenn er bei seinem Balanceakt scheitert. Simon West holt aus dem Gegensatz der beiden Figuren viel heraus, weil er sich auf ihr verrücktes Duell konzentriert und es mit heiligem Ernst inszeniert. Auch sonstige absurde Elemente wie die oben erwähnten Versuche der Polizei, den flüchtenden Will einfach über den Haufen zu schießen, oder der sensationell grotesk anmutende zweite Bruch rollen ohne Ironie über den Zuschauer hinweg. Der Wahn ist ein Teil der Normalität, dem man sich stellen muss. Wenn er Überhand nimmt, ist der Verfall nicht mehr aufzuhalten. „Stolen“ erzählt vom Kampf gegen den Niedergang, der immer wieder gefochten werden muss.

Bildqualität

Stolen

Die Bluray leistet sich keine nennenswerten Schwächen. Die knackige Schärfe sorgt für ein plastisches Bild, das die Möglichkeiten des HD-Formats weitgehend ausnutzt. Die Farben sind präsent und geben so die atmosphärische Gestaltung des Kameramanns gut wieder. Der differenzierte Kontrast sowie der tiefe Schwarzwert sorgen dafür, dass die einzelnen Bildelemente gut zur Geltung kommen.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren überzeugen mit einem transparenten Klang, der die räumliche Atmosphäre der einzelnen Geräusche gut wieder gibt. Bei den eingestreuten Actionsequenzen und natürlich am Anfang hat die gesamte Anlage etwas zu tun, während die ruhigen Szenen mit einem griffigen Raumklang aufwarten, der natürlich weniger dynamisch klingt. Die Musik überzeugt ebenso. Die Dialoge sind gut verständlich.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus gut sechs Minuten „Behind the Scenes“, das ein paar Bilder vom Dreh und Interviewschnipsel mit Regisseur Simon West sowie den wichtigsten Darstellern enthält, knapp elf Minuten B-Roll-Material sowie längeren Versionen der Interviews aus dem Behind the Scenes Material, die zusammen gut 30 Minuten lang sind. Die Interviews sind typische PR-Gespräche wie sie bei Filmproduktionen am Set gedreht werden, um den Film hinterher bewerben zu können. In homöopathischen Dosen enthalten sie auch das eine oder andere Informative über den Dreh. Das Bonusmaterial wurde deutsch untertitelt.

Fazit

„Stolen“ fasziniert als überzeichnete Mischung aus Actionfilm und Thriller, die sich nicht immer um die reine Logik kümmert. Stattdessen wirkt der Film mehr als einmal so, als sei bei der Entstehung der Handlung Koks mit im Spiel gewesen. Der Kampf gegen den Wahn in Form seines ehemaligen Komplizen kennzeichnet Wills Suche nach der entführten Tochter. Ohne Ironie bringt Simon West das Spannungsverhältnis aus Irrsinn und Normalität auf den Punkt. Technisch ist die Bluray sehr gut.

Stefan Dabrock

01.12.2012

   
Originaltitel Stolen (USA 2012)
Länge 95 Minuten (24p)
Studio Splendid
Regie Simon West
Darsteller Nicolas Cage, Josh Lucas, Danny Huston, Malin Åkerman, Sami Gayle, J.D. Evermore, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Behind the Scenes, B-Roll, Interviews
Preis ca. 17 EUR
Bewertung gut, technisch sehr gut