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rezensionen

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03.03. Die weiße Mafia
16.02. Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen
11.02. Im Dutzend zur Hölle
28.01. Die Engel von St. Pauli
21.01. Die Todeskralle des grausamen Wolfes
06.01. Die Mörderklinik
12.12. Paul Temple: Jagd auf Z
27.11. Die drei Supermänner räumen auf
30.10. Die Heuchler
10.10. X 312 … Flug zur Hölle...
03.10. Das Todeslied des Shaolin
15.09. Der Koloss von Konga
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11.08. Menschen im Hotel
06.08. Mädchen: Mit Gewalt

kurzrezension

09.11. Return of the Warrior
30.05. Iron Sky - Director's Cut (blu-ray)
21.05. Captain Invincible oder „Wer fürchtet sich vor Amerika?“
22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Ägyptens mächtige Vergangenheit

Das Erwachen der Sphinx

Das Erwachen der Sphinx

„Das Erwachen der Sphinx“ markierte Anfang der 1980er Jahre Mike Newells Einstieg in das Kinogeschäft. Bis dahin hatte sich Newell, der später unter anderem auch die Komödie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ („Four Weddings and a Funeral“, GB 1994) drehen sollte, in den 1970er Jahren einen Namen bei zahlreichen TV-Arbeiten gemacht. Demnächst kommt seine Dickens-Adaption „Große Erwartungen“ („Great Expectations“, GB/USA 2012) in die Kinos.
Nach Bram Stokers Roman „The Jewel of the Seven Stars“ schickt Newell in „Das Erwachen der Sphinx“ den Archäologen Matthew Corbeck (Charlton Heston) nach Ägypten, wo der Wissenschaftler auf besessene Weise einem alten Mythos nachgeht. Laut den Schriften eines niederländischen Autors soll es im alten Ägypten eine vergessene Königin gegeben haben. Matthew will zusammen mit seiner sehr hilfsbereiten Assistentin Jane Turner (Susannah York) das Grab der Königin finden, die den Namen Kara trägt. Seine schwangere Frau Anne (Jill Townsend) muss derweil die Tage alleine im Lager verbringen. Ohne eine nennenswerte Aufgabe fühlt sie sich von ihrem Mann vernachlässigt und entbrennt in Eifersucht zu Jane. Obwohl Anne plötzlich ins Koma fällt, lässt sich Matthew auf seiner Mission nicht aufhalten. Er findet schließlich das sagenumwobene Grab und öffnet es, während seine inzwischen aufgewachte Frau eine Tochter zur Welt bringt. Viele Jahre später lebt Matthew zusammen mit seiner Assistentin Jane in England. Anne wohnt mit ihrer Tochter Margaret (Stephanie Zimbalist) in den USA. Da die junge Frau ihren Vater noch nie gesehen hat, fühlt sie ein unstillbares Verlangen, ihn in England zu besuchen. Aber hinter Margarets Reise scheint noch mehr zu stecken, denn Kräfte aus der Vergangenheit, Informationen über ein bizarres Ritual und Todesfälle werfen ein neues Licht auf die Ereignisse. Sie zieht ihren Vater Matthew immer tiefer in ein gefährliche Machtspiel hinein.

Mike Newell scheitert bei seiner inszenatorischen Umsetzung der literarischen Vorlage daran, eine stimmige Balance der einzelnen Konflikte zu erschaffen. Nach den Ereignissen in Ägypten forciert der Film die dämonische Kraft der historischen Vergangenheit, die sowohl den Archäologen Matthew als auch seine Tochter Margaret erfasst hat. Mythologischer Horror breitet sich aus, um die beiden zentralen Figuren in ein Gefängnis aus Zwangshandlungen, Realitätsverlust und grausamem Wahn einzusperren. Die restlichen Personen der Handlung sind nur noch Staffage, die als Stichwortgeber oder potentielle Opfer der aufbrausenden Gewalt dienen. Gegen die Konzentration auf den Vater-Tochter-Konflikt ist an sich nichts einzuwenden, weil er die Möglichkeit offenbart, in einer Mischung aus Widerstand gegen die okkulten Kräfte und mentaler Überwältigung ein dichtes Spannungsszenario zu entfalten. Das Erwachen der Sphinx Problematisch wird die Verengung erst vor dem Hintergrund der reichhaltigen Filmzeit, die auf die Ereignisse in Ägypten verwendet wird. Hier schwelgt Newell in einer langwierigen Exposition, die zunächst ein Eifersuchtsdrama zwischen Ehefrau Anne und Matthews Assistentin Jane einführt, um es später vollständig aus den Augen zu verlieren. Das Auffinden des sagenhaften Königinnengrabs wird zwar recht wirkungsvoll mit der Schwangerschaftsgeschichte Annes verbunden – Grabkammeröffnung und Geburt bilden eine Parallelmontage -, aber um die prägnanten Szenen herum hat Newell schöne, aber dramaturgisch bedeutungslose Landschaftsaufnahmen drapiert. Denn die geografische Natur Ägyptens steht in keinem Zusammenhang zum Okkulten oder zum aufkeimenden Wahn.
Newell hält sich extrem lange mit der erzählerischen Voraussetzung für den späteren Horror auf, der Stoff für eine 10-minütige, konzentrierte Einführung geboten hätte. Er konnte der Verlockung, an ägyptischen Originalschauplätzen drehen zu dürfen, nicht widerstehen. Entsprechend hübsch setzt er mit seinem Kameramann Jack Cardiff das Land am Nil in Szene, ohne auf die Erzählung zu achten, die später noch folgt. Er führt dramatische Konflikte zwischen Ehemann, Ehefrau und Assistentin ein, die er jedoch nach dem Schauplatzwechsel in englische Gefilde abbricht. So zerfällt der Film in zwei Teile, die über die Geburt der Tochter sowie die archäologische Entdeckung miteinander verbunden sind, aber grundsätzlich zwei eigene Handlungslinien verfolgen.
Dummerweise leistet sich Newell auch bei der Horrorinszenierung des zweiten Teil gehörige Schwächen. Hier gelingt ihm zwar eine spannungsfördernde Konzentration auf die dämonischen Kräfte, aber die schaurigen Ereignisse brechen sich nur punktuell ihre Bahn. Nach einem kurzzeitigen Anstieg der unangenehm-irritierenden Okkultkurve mit grausamen Ereignissen sowie unerklärlichen Phänomenen, bricht die Atmosphäre wieder zusammen. Newell kehrt zur schlichten, realitätshörigen Inszenierung der Normalität zurück, statt eine bedrückende, unterschwellige Bedrohung aufrecht zu erhalten. Nach einigen Minuten Filmzeit holt er dann die dämonischen Kräfte wieder aus der Tasche heraus. Das Gefängnis des Okkulten, das die beiden Hauptfiguren Vater und Tochter umfängt, ist einfach zu löchrig. Immer wieder bricht der Film aus. Die Spannung, der Horror und die thematische Konsistenz bleibt dabei auf der Strecke.

Bildqualität

Das Erwachen der Sphinx

Die Vorlage für die DVD befindet sich in einem guten Zustand, so dass keine nennenswerten Defekte oder Verschmutzungen zu sehen sind. Jenseits von Nahaufnahmen sieht das Bild relativ weich aus, so dass Konturen nicht ganz trennscharf wiedergegeben werden. Dafür kommt die Textur des Filmmaterials, das als Vorlage verwendet wurde, sehr gut zur Geltung. Der Transfer strahlt nicht die sterile Atmosphäre so mancher schwach digital bearbeiteter Veröffentlichung aus. Die Farben sehen leicht ausgebleicht aus, das dürfte aber dem ästhetischen Konzept des Films entsprechen. Das ist etwas flau, so dass nicht alle Übergänge akkurat getroffen werden, aber grundsätzlich ist das Ergebnis völlig in Ordnung. Das Filmkorn stört kaum.
Der Film ist in einer Version im Format 1:1,37 sowie einer Version im Format 1:1,85 enthalten (Coverangabe 1:1,78 ist falsch). Die Vollbildversion mag zwar die vollständigen Bildinformationen des vermutlich komplett belichteten Negativs wiedergeben, es ist aber anzunehmen, dass der Kameramann bei der Bildgestaltung eine Maskenkaschierung berücksichtigt hat. Diese beschneidet das Bild bei der Kinoprojektion im oberen und unteren Bereich, wenn eine Maske im Format 1:1,85 oder 1:1,66 verwendet wird. Nach Ansicht des Films würde ich der Version im Format 1:1,85 den Vorzug geben, weil in der Vollbildfassung oftmals zu viel bildramaturgisch ungenutzter Platz sichtbar ist. Lobenswerterweise hat Media Target einfach beide Fassungen in der Edition veröffentlicht, so dass kein Streitpunkt entsteht.

Tonqualität

Der Mono-Ton weist ein Hintergrundrauschen auf, das immer wieder gut vernehmbar ist. Das behindert aber nicht die Verständlichkeit der Dialoge, die in beiden Fassungen etwas körperlos wirken. Die Höhen sind leicht überbetont. Insgesamt ist der Ton aber völlig in Ordnung.

Extras

Die knapp neunminütige Kurzdokumentation „Senedjims Weg ins Paradies“ präsentiert einzelne Bilddetails aus der Grabkammer des Ägypters und erläutert ihre Bedeutung. Ein erhellender und spannender Beitrag, von dem allerdings etwas unklar ist, ob er immer noch dem aktuellen Stand der Forschung entspricht.
Der etwa zehnminütige Beitrag „Schatzkammer der Pharaonen“ geht auf den Totenkult der Ägypter ein und liefert ein paar Informationen zu historischen Artefakten der untergegangenen Hochkultur. Auch für diesen Film gilt, dass man als Laie kaum bewerten kann, ob die aktuelle Forschung neue Erkenntnisse zutage gefördert hat. Sonst informativ.
Eine Wochenschau aus dem Jahr der Kinopremiere des Hauptfilms mit Beiträgen zur in Köln stattfindenden Büromesse „OrgaTech“ und anderen Themen, eine Bildergalerie sowie ein Trailer sind auf der DVD ebenfalls enthalten.
Das 12-seitige Booklet besteht aus Verleihinformationen zum Film, die sich nicht nur auf eine Wiedergabe der Handlung konzentrieren, sondern auch etwas zur historischen Thematik archäologischer Ausgrabungen in Ägypten liefern.

Fazit

„Das Erwachen der Sphinx“ scheitert nicht an der einfachen Konstruktion der Haupthandlung, sondern an den dramaturgisch fragwürdigen Ausschweifungen. Newell schwelgt in der ästhetisch hübschen Präsentation Ägyptens, ohne dass die Landschaft eine metaphorische Bedeutung für das Geschehen hätte. Er führt Konflikte zwischen Figuren ein, die er durchaus gut mit dem Dämonischen hätte verbinden können. Das unterlässt er aber. Deswegen zerfällt der Film in einzelne Teile, die nur sehr lose miteinander verbunden sind. Die Horrorinszenierung schafft es nicht, die Spannung stetig zu steigern. Stattdessen gibt es das Phänomen des Stakkato-Unbehagens, das sofort wieder in sich zusammenfällt. Technisch ist die DVD gut.

Stefan Dabrock

26.11.2012

   
Originaltitel The Awakening (GB 1980)
Länge 101 Minuten (Pal)
Studio Media Target
Regie Mike Newell
Darsteller Charlton Heston, Susannah York, Jill Townsend, Stephanie Zimbalist, Patrick Drury, Bruce Myers, Nadim Sawalha, Ian McDiarmid, u.a.
Format 1:1,85 (16:9) / 1:1,37 (4:3)
Ton Mono Deutsch, Englisch
Untertitel -
Extras Kurzdokumentationen „Senedjims Weg ins Paradies“ und „Schatzkammer der Pharaonen“, Wochenschau „Blick in die Welt“, Bildergalerie, Trailer, 12-seitiges Booklet
Preis ca. 25 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut