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22.04. True Justice: Angel of Death – Der Todesengel (blu-ray)

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Warten auf Eddie

Mad Jo – Ich spreng euch alle in die Luft

Mad Jo – Ich spreng euch alle in die Luft

Das deutsch-österreichische Kino hat Rudolf Zehetgruber Krimis wie „Piccadilly Null Uhr Zwölf“ (BRD 1963) nach Francis Dubridge oder „Das Wirtshaus von Dartmoor“ (BRD 1964) nach Victor Gunn mit dem legendären Heinz Drache in der Hauptrolle zu verdanken. In beiden Werken taucht auch Klaus Kinski auf. Ein tapferes Auto spielt in „Ein Käfer geht aufs Ganze“ (BRD/Schweiz 1971) und den Nachfolgefilmen den zentralen Part.
Der absurde Thriller „Mad Jo – Ich spreng' euch alle in die Luft“ zeigt Götz George in einer frühen Polizistenrolle. Als Eddie Blomfield soll er dem Anruf einer Mrs. Gilespie (Ingeborg Schöner) nachgehen, deren Anschuldigungen sein Kollege Fred Lancaster (Walter Barnes) für falschen Alarm hält. Die Frau glaubt, dass ihr Nachbar etwas Ungesetzliches getan haben muss, weil er die ganze Nacht auf seinem Grundstück gegraben hat. Mrs. Gilespie vermutet, er habe seine Frau getötet, weil die seit einigen Tagen verschwunden ist. Während Blomfield versucht, den Fall aufzuklären, taucht auf dem Revier Johnny Smith (Werner Pochath) auf, der sich an Blomfield rächen will. Bei einer früheren Polizeiaktion ist Johnnys Bruder Blincky (Herbert Fux) ums Leben gekommen, als er nach einem Raub fliehen wollte. Jetzt hält Johnny die Polizisten mit einer Waffe und einem Fläschchen Nitro in Schach, bis Blomfield wieder eintrifft. Aber Blomfield kommt nicht.

Die Ausgangssituation in „Mad Jo – Ich spreng euch alle in die Luft“ ist wie gemacht für einen nervenzerrenden Thriller, der den begrenzten Raum zu einem klaustrophobischen Kammerspiel nutzen könnte. Im Geiste sieht man schon die stilisierte Inszenierung der Schweißtropfen auf den Köpfen der Figuren, von denen jeder neue in der Lage ist, das Fass zum überlaufen zu bringen. Auch wenn sich Rudolf Zehetgruber der Spannungsinszenierung nicht vollkommen Mad Jo – Ich spreng euch alle in die Luft verweigert, ein bis ins Kleinste austarierter Thriller ist „Mad Jo...“ nicht geworden. Stattdessen mischt der Regisseur die lebensbedrohliche Lage, in der sich die Polizisten sowie Johnny befinden, mit grotesken Einschüben. Die Verzweiflung angesichts der existenziellen Situation bricht sich in Zwischenspielen Bahn, mit denen die Todesgefahr verdrängt werden soll. Eine Stripteasetänzerin versucht beispielsweise, sich aus der Geiselhaft freizukaufen, indem sie für Johnny eine Show hinlegt. Minutenlang ist zu sehen, wie sie ihr Papierkleid in Streifen reißt und nach einer ausgereiften Choreographie immer weniger am Leib trägt, während sie die Büromöbel in die tänzerische Einlage miteinbezieht. Aus dramaturgischer Sicht ergibt die Länge der Szene überhaupt keinen Sinn, wenn es Zehetgruber um eine klassische Spannungsinszenierung ginge. Denn die Konzentration auf die Darbietung nimmt dem klaustrophobischen Geschehen die Bedrohung, weil sich Johnny in der ganzen Zeit des Strips passiv verhält. Er fordert den Tanz nicht im Gegenzug für das Leben der Frau oder bringt die Gefahr auf andere Weise erneut in Erinnerung. Er guckt sich das Geschehen einfach nur genüsslich an. Aber aus einer anderen Perspektive ergibt die Darbietung Sinn. Zehetgruber macht aus dem Kammerspiel – ob absichtlich oder unabsichtlich sei dahingestellt - absurdes Theater, das die Logik der klassischen Thrillersituation ein ums andere Mal untergräbt. Die Bedeutung der Lebensgefahr wird durch die Aufhebung der reinen Kausalität der Ereignisse auf die Frage zurückgeworfen, wodurch das menschliche Schicksal bstimmt wird und wie der Tod die Existenz beeinflusst.

Parallel dazu befindet sich Blomfield, der in bester Godot'scher Manier auf dem Revier nicht auftaucht, im Außendienst. Dabei bearbeitet er einen Fall, bei dem es ebenfalls um eine Art absurdes Theater geht, aber mit handfester Strategie. Das darin enthaltene Scheitern kommentiert die Schwierigkeit, das Leben selbst zu bestimmen. Der Außendienst ergänzt das Kammerspiel auf dem Revier um eine weitere Komponente.
Bei all den grotesken Eigenheiten des Films sollten aber auch die Actionfreunde nicht zu kurz kommen. Deswegen wird der Film von jeweils einer hübschen Verfolgungsjagd eingerahmt, als handele es sich um einen gradlinigen Genrefilm. Nach dem Einbruch des Unbegreiflichen ins Thrillerkino wird die Ordnung scheinbar wieder hergestellt. Aber das Theater lässt sich nicht ungeschehen machen.

Bildqualität

Mad Jo – Ich spreng euch alle in die Luft

Das Bild der DVD ist nicht gut, aber in Ordnung, vor allem wenn man Filmalter und Marktstellung des Werkes betrachtet. Die ansprechende Filmkopie, die als Master zur Verfügung stand, weist immer wieder analoge Defekte auf, ohne dass sich diese in den Vordergrund spielen. Das Bild ist über die komplette Lauflänge körnig, dafür bleibt die Schärfe recht ansprechend. Hier wurde nichts kaputt gefiltert. Manche matschigen Einstellungen muss man zwar hinnehmen, aber zumeist werden die Konturen akzeptabel dargstellt. Der Datailreichtum ist eingeschränkt. Die Farben wirken etwas reduziert. Das könnte aber auch dem visuellen Konzept entsprechen. Der Kontrast lässt einzelne Bildinhalte leicht überstrahlen, leistet sich aber keine großen Schwächen. Insgesamt kann man mit dem Bild zufrieden sein.
Das auf der Hülle angegeben Format von 1:1,78 stimmt nicht, der Film ist im Format 1:1,66 enthalten.

Tonqualität

Die Mono-Tonspur wird von einem vernehmlichen Hintergrundrauschen begleitet, das die Verständlichkeit der Dialoge aber nicht beeinträchtigt. Verzerrungen treten nicht nennenswert auf, so dass der Ton in Ordnung geht.

Extras

Das Bonusmaterial beinhaltet die Nostalgiefassung des Films im Seitenverhältnis 4:3, die sich lediglich im Format unterscheidet.
Die knapp zehnminütige Wochenschau „Blick in die Welt“ liefert unter anderem Berichte über das Dutschke-Attentat, über die damals zur DDR gehörende Stadt Stendal und über die Boxkampfniederlage Wilhelm von Homburgs gegen Dave Bailey.
Zwei Bildergalerien, ein Trailer zum Film und das 12-seitige Booklet mit einer Reproduktion des Programmheftes Illustrierte Film-Bühne sowie Abbildungen ausgewählter Werbematerielen runden das Bonusmaterial ab.

Fazit

„Mad Jo – Ich spreng euch alle in die Luft“ macht aus einem Kammerspiel mit besten Thrillerqualitäten absurdes Theater, indem die Spannungssituation mehr als einmal unterlaufen wird. Dadurch reflektiert das Werk – ob gewollt oder ungewollt spielt keine Rolle – über existenzielle Fragen wie die Bedeutung des Todes und die Möglickeit, das Schicksal selbst zu bestimmen. Technisch ist die DVD in Ordnung, da die Schwächen nicht zu groß ausgefallen sind.

Stefan Dabrock

25.07.2012

   
Originaltitel Ich spreng' euch alle in die Luft (Italien 1983)
Länge 82 Minuten (Pal)
Studio Media Target
Regie Rudolf Zehetgruber
Darsteller Götz George, Werner Pochath, Anthony Steel, Walter Barnes, Ingeborg Schöner, Eddie Arent, Gert Günther Hoffmann, Siegfried Wischnewski, Karl Schönböck, Herbert Fux, Leopold Rudolf, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton Mono Deutsch
Untertitel -
Extras Nostalgiefassung im Vollbildformat, „Blick in die Welt“ Wochenschau 16/68, Bildergalerie, Trailer, 12-seitiges Booklet
Preis ca. 24 EUR
Bewertung sehr gut, technisch ordentlich