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rezensionen

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kurzrezension

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blu-ray

Die Apokalypse schwebt

Bellflower

Bellflower

Energie und Lethargie liegen bisweilen direkt nebeneinander. Die Bezugsgröße macht den Unterschied.
Die beiden Freunde Woodrow (Evan Glodell) und Aiden (Tyler Dawson) sind nach Kalifornien gezogen, weil sie den sonnigen Staat an Amerikas Westküste für einen coolen Platz zum Leben gehalten haben. Jetzt wohnen sie in einem öden Vorort von Los Angeles und hängen ihren „Mad Max“-Phantasien nach. Während sich sonst nichts nennenswertes abspielt, stecken sie ihre gesamte Energie in den Bau eines aufgemotzten Muscle-Cars. Mit Flammenwerfer, dröhnendem Motor und weiteren Finessen wollen sie gerüstet sein, falls die Apokalypse über Amerika hinein bricht. Die lässt vorerst aber noch auf sich warten. Stattdessen lernt Woodrow in einer Bar die eigenwillige Milly (Jessie Wiseman) bei einem Wettbewerb im Grillenschnellessen kennen. Ihr erstes Date entwickelt sich zu einer spontanen, mehrtägigen Fahrt nach Texas, wo sie in dem widerwärtigsten Lokal essen wollen, das Woodrow kennt. Zwischen den beiden entsteht eine elektrisierende Stimmung, während sich Aiden in Kalifornien an Millys Freundin Courtney (Rebekah Brandes) heranmacht. Aber das ist nur der Anfang eines intensiven Gefühlsreigens mit großer Sprengkraft.

Die Handlung liest sich wie ein gewöhnliches Jugenddrama unter perspektivlosen Gestalten, das nichts bemerkenswertes für sich in Anspruch nimmt. Aber beim Film kann der Stil den Unterschied machen. Davon hat Regiedebütant Evan Glodell, der auch das Drehbuch geschrieben und eine der Hauptrollen übernommen hat, jede Menge eingesaugt. Die Ödnis des städtischen Vorortes lässt Woodrow und Aiden keine andere Möglichkeit der unerträglichen Langeweile zu entkommen, als sich mit aller Macht in ihre Apokalypse-Phantasie zu stürzen. Das gepimptes Muscle-Car, an dem sie werkeln, symbolisiert die Kraft der beiden jungen Bellflower Männer, mit der sie sich selbst gerne sehen. Im Geist brechen sie in eine Katastrophenvision aus, weil ihr Auto ihnen dann die gesellschaftliche und vor allem auch sexuelle Potenz geben würde, die sie im aktuellen Leben nicht uneingeschränkt besitzen. Dazu passt die Optik des Films, die dem gezeigten Niemandsland mit immer wieder eingesetztem Gelbstich und starken Kontrasten einen irritierenden visuellen Anstrich zwischen Postapokalypse-Reminiszenz und idyllischem Sommertag verleiht. Freiheitsdrang und Sehnsucht nach Glück bilden eine Einheit. Die stilistische Umsetzung reflektiert die Phantasien, ohne sie in Realitäten zu verwandeln. Die Mischung aus Unschärfen, eingestreuten Miniatureffekten und überraschenden Kameraeinstellungen erzeugt eine schwebende Atmosphäre, die sowohl eine traumartige Leichtigkeit besitzt als auch die explosive, im Hintergrund brodelnde Energie verrät. Je nach inhaltlicher Ausrichtung der jeweiligen Szene schlägt die Stimmung in die eine oder die andere Richtung aus. Der mehrtägige Trip nach Texas zum widerwärtigsten Restaurant, das Woodrow kennt, gehört zu den skurrilen romantischen Segmenten, während Flammenwerfertests in Verbindung mit späteren Konflikten im Liebesleben von der Möglichkeit eines Gewaltausbruchs künden.

Die geschickte Balance aus Harmonie und brodelnder Energie verleiht „Bellflower“ eine durchgehende Anspannung des Unberechenbaren. Sie reflektiert die innere Unstetigkeit, mit der die Figuren kämpfen. Phantasie und Wirklichkeit stehen in einem ständigen Wettstreit, der in Ernüchterung zu enden droht. Woodrow muss sich mit zunehmender Länge des Films seinen inneren Dämonen stellen, die angesichts der aufkeimenden Konflikte mit Milly ausbrechen.
Absichtlich in die Bilder eingefügte Dreckspuren erzählen von den Rissen in der scheinbaren Harmonie. Die verwendeten Stilmittel laden die Geschichte um Sehnsüchte nach grenzenloser Freiheit, Liebe und Hass mit einer Wucht jenseits der direkten Ereignisse auf. Regisseur Evan Glodell gelingt eine bemerkenswerte filmische Interpretation seiner Themen, die vor allem auch der Phantasie huldigt, sei sie nun Ausdruck eines bizarren Freiheitsdranges oder düstere Jagd auf innere Dämonen.

Bildqualität

Bellflower

Das Bild der Bluray leistet sich keine Schwächen. Unschärfen, Dreckspuren oder Überstrahlungen sind Stilmittel der visuellen Umsetzung des Films. In den übrigen Szenen überzeugt die Schärfe mit klaren Konturen und gutem Detailreichtum. Die gelbstichigen Farben kommen auf der Bluray ausgezeichnet zur Geltung, so dass sich die Stimmung des Films ungehindert entfalten kann.

Tonqualität

Die DTS-HD-Master-5.1-Tonspuren verfügen über eine dezente Räumlichkeit, die vor allem durch die Musik in die hinteren Lautsprecher getragen wird. Wenn der Motor des Muscle-Cars röhrt, entwickelt der Ton auch eine ansprechende Dynamik, ansonsten kann er sich genrebedingt nicht besonders wuchtig auszeichnen. Die Dialoge sind meist klar und verständlich, lediglich in Kneipen- oder Partyszenen gehen sie gelegentlich etwas unter.

Extras

Das Bonusmaterial besteht aus dem Trailer zum Film.

Fazit

„Bellflower“ lädt sein einfaches Jugenddrama um Sehnsüchte, Liebe und Hass mit einem irrwitzigen Stilwillen auf, so dass der Film vor brodelnder Energie nur strotzt. Dadurch gelingt Regisseur Evan Glodell eine packende Reflexion über die Stagnation seiner Hauptfiguren, die in ebenso irritierende wie aufbrausende Phantasien ausbrechen. Technisch ist die Bluray gut.

Stefan Dabrock

06.04.2012

   
Originaltitel Bellflower (USA 2011)
Länge 102 Minuten (1080i)
Studio I-on new media
Regie Evan Glodell
Darsteller Evan Glodell, Jessie Wiseman, Tyler Dawson, Rebekah Brandes, Vincent Grashaw, u.a.
Format 1:2,35 (16:9)
Ton DTS-HD-Master 5.1 Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras Trailer
Preis ca. 15 EUR
Bewertung gut, technisch gut