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Gefangene des Landes

Monte Hellman – 2 DVD Western Edition: Ride in the Whirlwind / The Shooting

Monte Hellman – 2 DVD Western Edition: Ride in the Whirlwind / The Shooting

„Schön ist es auf der Welt zu sein“, sang einst Roy Black zusammen mit der bezaubernden Anita. Die Figuren in Monte Hellmans beiden Western „Ride in the Whirlwind“ und „The Shooting“ können sich den naiven Tenor des bekannten Schlagers kaum zu eigen machen, denn sie lernen die Last des Lebens kennen, das ihnen ohne Ausweg eine existenzialistische Gefangenschaft bereitet.
Der junge Jack Nicholson spielt jeweils eine entscheidende Rolle. In „Ride in the Whirlwind“ verkörpert er einen von drei Westernern, die mit ihren Pferden eine Hütte in der steinigen Ödnis des Wilden Westens erreichen, wo sich bereits eine Bande Postkutschenräuber niedergelassen hat. Die Gesetzlosen verzichten darauf, die Neuankömmlinge zu erschießen, weil sie keinen zusätzlichen Ärger haben wollen. Die drei Westerner wollen ebenfalls ihre Ruhe. Am nächsten Morgen taucht aber eine Bürgerwehr auf, die nach Vorwarnung das Feuer eröffnet. Während sich die Banditen in der Hütte in der Falle befinden, gelingt zwei der drei Westernern die Flucht, der andere wird erschossen. Aber die Bürgerwehr macht sich auf die gnadenlose Verfolgung der Geflohenen.
In „The Shooting“ ist Nicholson ein Revolverheld, der erst relativ spät auf der Bildfläche erscheint. Zunächst stellt der Goldsucher Gashade bei der Rückkehr zu seiner Mine fest, dass in seiner Abwesenheit die Gewalt Einzug gehalten hat. Einer seiner Schürfkollegen ist tot, der zweite hat sich völlig verängstigt in den Stollen zurückgezogen und der dritte, Gashedes Bruder, ist geflohen. Die genauen Hintergründe der Taten bleiben unklar, nur eine undurchsichtige Erzählung des verängstigten Goldsuchers gibt ein paar vage Anhaltspunkte. Wie aus dem Nichts taucht eine unbekannte Frau in dem Lager auf und engagiert Gashede, sie in die Stadt Kingsley zu führen. Gemeinsam mit seinem Schürfkollegen machen sich Gashede und die Frau auf den Weg. Aber schnell wird klar, dass es der Frau nicht um eine Passage nach Kingsley geht, sondern, dass sie jemanden verfolgt. Gleichzeitig befindet sich ein Unbekannter hinter dem Trio.

Im Gegensatz zu vielen Einschätzungen über „Ride in the Whirlwind“ ist es völlig unklar, ob es sich bei den beiden Westernern, die vor der Bürgerwehr geflohen sind, um unschuldige Gestalten handelt. Denn der zentrale Satz „Die haben uns wirklich abgenommen, dass wir Viehtreiber auf der Durchreise sind“, den einer von ihnen ausspricht, nachdem sie zuvor mit den Postkutschenräubern gesprochen haben, beweist ihre undurchsichtige Identität. Dieses kleine, aber ungemein wichtige Details nutzt das Drehbuch Nicholsons, um die Uneindeutigkeit zu sähen, die Hellmann in der Inszenierung aufgenommen hat. Der Film arbeitet mit Monte Hellman – 2 DVD Western Edition: Ride in the Whirlwind / The Shooting Charakteren, die eine ihnen zugeschriebene Funktion erfüllen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Handlungen Sinn ergeben. Die Bürgerwehr muss Menschen jagen, weil sie eine Bürgerwehr ist. Sie taucht aus dem Nichts auf, um ihr Werk zu verrichten. Hellman erzählt nicht, ob die Mitglieder der Bürgerwehr überhaupt wissen, wie die Gesuchten aussehen, die sie jagen. Deswegen bleibt offen, ob die selbst ernannten Gesetzeshüter nur zufällig jeden über den Haufen schießen, der ihnen verdächtig erscheint, oder ob sie tatsächlich gezielt agieren. Die klaren Informationen bleiben außen vor, der Zuschauer kann sie durch Interpretation füllen, um seine eigene Geschichte zu konstruieren. Hellman nimmt das dem Zuschauer nicht ab. Stattdessen erschöpfen sich die Charaktere in der ziellosen Ausführung ihres scheinbaren Sinns, der letztlich keiner ist. Das zeichnet nicht nur die bislang angesprochenen Figuren aus, die kaum eine Chance haben, aus der Mühle des initiierten Westerntheaters zu entkommen, eine Farmerfamilie offenbart ebenfalls die Absurdität des Daseins. Der alte Besitzer der kleinen Farm bearbeitet mit seiner Axt unablässig einen Baumstumpf, ohne dass der Nutzen seiner Handlung nachvollziehbar wäre. Niemand in „Ride in the Whirlwind“ hat das Glück des Westens gefunden, das dieser dem Mythos nach verheißt. Staub, Tod und Sinnlosigkeit sind die Zutaten, mit denen sich die Figuren auseinandersetzen müssen, die keine Freiheit verspüren können. Der Westen ist eine Illusion, da können Roy Black und Anita noch so oft „Das Schönste im Leben ist die Freiheit, denn dann sagen wir hurra“ singen.

Der zweite Film „The Shooting“ nimmt die einmal angeschlagene Thematik konsequent auf. Die Verfolgungsjagd, auf der sich die Figuren befinden, wird zu einem reinen Selbstzweck. Die Hintergründe bleiben vage und damit auch die Frage, ob es überhaupt eine ansatzweise Rechtfertigung für das Geschehen gibt. Die Nebenfiguren, denen die Truppe auf ihrer Reise begegnet, entfalten den Charakter nebulöser Orakel, deren Aussagen so unverständlich sind, wie man es von den besten Beispielen aus dem griechisch-mythologischen Delphi kennt. Die Hauptfiguren aber handeln im Glauben, einer notwendigen Tatkraft zu folgen, die ihrer Bestimmung entspricht. Mit unerschütterlicher Überzeugung ziehen sie weiter, obwohl die Jagd zu einer immer größeren Last wird. „Schön ist es auf der Welt zu sein, wenn die Sonne scheint für gross und klein“ trällerten Roy Black und Anita, aber in Hellmans Western beschert das wärmende Gestirn den Akteuren mit seiner gnadenlosen Kraft eine Marter, die sie daran erinnert, dass Eindeutigkeit und Naivität oft das gleiche sind. „The Shooting“ besticht durch die faszinierende Fokussierung auf ein Ziel – die Jagd des Unbekannten -, das sich als völlig zielloser Selbstzweck entpuppt. Diese Doppelbödigkeit verleiht dem Film eine grenzenlose Irritationskraft, die an den Grundfesten des Daseins zerrt. Sinn und Sinnlosigkeit stehen so eng nebeneinander, dass nur noch ein erschreckender Abgrund übrig bleibt. Das Ende ist ein Schock ohne Lösung.

Bildqualität

Monte Hellman – 2 DVD Western Edition: Ride in the Whirlwind / The Shooting

Das Alter ist den Filmen anzusehen, ohne dass die Qualität schwach erscheint. Die Schärfe siedelt sich auf durchschnittlichem Niveau an, da die Konturen immer leicht weich wirken und die Detailfreude nur passabel ist. Nahaufnahmen wirken erwartungsgemäß schärfer als Totalen, bei denen dann auch Auren um Objekte herum sichtbar sind. Die Körnigkeit des Materials ist stets sichtbar. Die Farben wirken leicht ausgebleicht. Der Kontrast schwankt zwischen gut und etwas flau. Bei Bewegungen kommt es zu Unschärfen. Zwischendurch sind immer wieder Verschmutzungen und kleinere analoge Defekte zu sehen. Die Qualität beider Filme ist gleich.

Tonqualität

Die Dialoge der DD 2.0-Mono-Tonspuren beider Filme sind weitgehend gut verständlich, nur in vereinzelten Szenenteilen fallen sie etwas zu leise aus. Dem Ton mangelt es aber insgesamt an Klangvolumen, so dass ihm die rechte Kraft fehlt. Das ist angesichts des Filmalters und der Produktionsumstände – es handelt sich um zwei sehr schmal budgetierte Filme – aber auch nicht überraschend. Insgesamt kann man mit der Qualität zufrieden sein.

Extras

Bonusmaterial existiert nicht.

Fazit

Monte Hellman hat mit seinen beiden Filmen „Ride in the Whirlwind“ und „The Shooting“ den Western in ein absurdes Theater verwandelt, deren Figuren Gefangene einer unklaren Existenz sind. Technisch sind die DVDs angesichts des Filmalters in Ordnung.

Stefan Dabrock

15.09.2011

   
Originaltitel Ride in the Whirlwind / The Shooting (USA 1965 / 1968)
Länge 79 / 78 Minuten (Pal)
Studio Pierrot le Fou
Regie Monte Hellman
Darsteller Cameron Mitchell, Jack Nicholson, George Mitchell, Millie Perkins, Katherine Squire, Harry Dean Stanton, Rupert Crosse, John Hackett, u.a. / Will Hutchins, Millie Perkins, Warren Oates, Jack Nicholson, Charles Eastman, u.a.
Format 1:1,78 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Englisch
Untertitel Deutsch
Extras -
Preis ca. 16 EUR
Bewertung sehr gut