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Ein Traum und seine Nebengeschichte

La Bête – Die Bestie

La Bête – Die Bestie

Die überkonstruierte, im Sand verlaufene Oberflächenhandlung innerhalb des Films „La Bête“ versperrt der ebenfalls vorhandenen erotischen Traumwelt letztlich den Weg, so dass die Bilder in sich zusammen fallen, statt Größe zu entwickeln. Ein Schlossbesitzer benötigt dringend Geld, um die Familie vor dem finanziellen Ruin zu bewahren. Im Testament eines verstorbenen, reichen Freundes ist vorgesehen, dass dessen Tochter das ganze Vermögen erbt, wenn sie den Sohn des Schlossbesitzers heiratet und die Zeremonie durch einen verwandten Kardinal vorgenommen wird. Zur bevorstehenden Heirat reist die junge Frau mit ihrer Tante zum Schloss des verarmten Adeligen. Dort wird sie durch die Atmosphäre, zu der auch sich paarende Pferde sowie eine mythologisch-historische Geschichte um die Begegnung einer früheren Schlossherrin mit einem Biest gehören, soweit gefangenen genommen, dass sich ihre Phantasie in einem erotischen Traum entlädt, der die Begegnung der historischen Schlossherrin mit dem Biest in sexuelle Bilder kleidet. Dabei projiziert sich die junge Frau natürlich an die Stelle der Schlossherrin.

Die Schöne und das Biest, könnte man sagen, in einer filmischen Version für Erwachsene. Wenn man einmal soweit ist, dann öffnet sich angesichts der Filmbilder der Blick in mythologische, märchenhafte und psychologische Interpretationswelten, die zwar stimmig sein mögen, aber „La Bête“ letztlich wie einen Kurzfilm behandeln. Denn vor dem Traum hat Borowczyk nun einmal die oberflächliche Handlung gestellt, in der es um die Erbschaftsbedingungen sowie deren Erfüllung geht. Der Schlossbesitzer und seine Verwandten erweisen sich als wenig noble La Bête – Die Bestie Adelige, die vor Mord und Frauenhass nicht zurückschrecken. Der Sohn des Schlossbesitzers passt nicht in dieses Bild, wirkt aber emotional unausbalanciert. Der Adel betritt in demaskierter Form die Bühne des Films, indem sich seine Mitglieder wie Menschen benehmen, die wie Vertreter anderer Gesellschaftsschichten auch in den Einflussbereich niederer Instinkte geraten können. So sehr einzelne Aspekte des Geschehens den zentralen Traum beeinflussen – die sich paarenden Pferde, das unkoordinierte Stammeln des zukünftigen Ehemanns beim Abendessen, die Legende um die frühere Schlossherrin -, so sehr treten daneben andere Elemente in den Vordergrund, die keine Liaison mit ihm eingehen. Das Testament des reichen Freundes mit seinen kruden, sehr detaillierten Anweisungen, um deren Erfüllung man sich bemüht, wächst mit zunehmender Lauflänge des Films zu einem veritablen Krebsgeschwür heran, da die Details aufgrund des plötzlichen Filmendes ohne Belang bleiben.

Mit viel Aufwand beschwört Borowczyk eine Grundsituation herauf, die in keinem Zusammenhang zur märchenhaften, mythologischen Traumwelt steht. Das Geschwür bemächtigt sich deswegen aufgrund seiner überdeutlichen, Eigendynamik des Films und frisst den Traumgehalt auf, der eine Konzeption der Reinheit benötigt hätte, um wachsen zu können. Die vormalige Existenz der Traumszenen als eigenständig gedrehter, aber nicht verwendeter Teil für Borowczyks Film „Unmoralische Geschichten“ („Contes immoraux“, 1974) lässt sich nicht verbergen. Borowczyks Konstruktion um dieses Segment herum wirkt ohne gemeinsame Bindung leider nur schal. Nach anfänglichem Interesse angesichts einer durchaus pointierten Inszenierung macht sich deswegen die reine Langeweile breit, sobald klar wird, dass diese Nebengeschichte nur Staffage bleibt.

Bildqualität

La Bête – Die Bestie

Das weitgehend saubere Bild der DVD präsentiert den Film mit einer recht guten Schärfe, die oftmals klare Konturen und einen ansprechenden Detailreichtum besitzt. Ganz leichte Abstriche muss man in manchen Totalen machen, aber das schmälert die Bildqualität nicht. Die Farben überzeugen mit kräftigen Tönen, der ausgewogene Kontrast hebt die einzelnen Bildelemente in überzeugender Weise voneinander ab. Gelegentlich ist das Bild etwas unruhig, sonst bleibt es stabil. Angesichts des Filmalters insgesamt ein guter bis sehr guter Transfer.

Tonqualität

Beide 2.0-Mono-Tonspuren verfügen über gut verständliche Dialoge. Das leichte Hintergrundrauschen wirkt nicht störend. Der Originalton ist klanglich besser in das Geschehen eingebettet als der etwas künstlicher klingende deutsche Ton. Nennenswerte Verzerrungen sind nicht vorhanden.

Extras

Das Bonusmaterial beginnt mit dem etwa viereinhalbminütigen Kurzfilm „L'Escargot de Vénus“ (1975, Regie: Walerian Borowczyk), der auch wahlweise als Vorfilm zu La Bête ausgewählt werden kann.

Die gute Kurzdokumentation „Borowczyks Wahn“ (etwa neun Minuten) setzt sich auf kompakte Weise mit dem Regisseur sowie dem vorliegenden Hauptfilm auseinander, indem verschiedene Deutungsmöglichkeiten zum Ausdruck kommen. Das Interview „Begegnung mit Walerian Borowczyk“ (etwa acht Minuten) besteht aus einer kurzen und sehr bedächtig vorgetragenen Selbstdarstellung Borowczyks, die zum einen seine große Eitelkeit angesichts seines künstlerischen Schaffens verdeutlicht und zum anderen auf die Entstehungsgeschichte des Behind-the-scenes-Materials eingeht, das auch als „La Bête Bis“ bekannt ist und in Auszügen auf der vorliegenden DVD enthalten ist.

Die sieben Deleted Scenes entstammen einer Langfassung des Films, die Borowczyk selbst jedoch nicht als seine endgültige Fassung bezeichnet. Die Szenen selbst – das Meiste geht auf das Konto einer Verlängerung der Traumszene, in der die Vorfahrin durch das Biest gejagt wird – fügen dem Film keine thematisch interessanten oder unterhaltsamen Aspekte hinzu. Die Langfassung ist einer limitierten Auflage der Veröffentlichung als Bonus-DVD beigelegt. Da die entfernten Szenen aber auch hier enthalten sind, sie zudem eher filmhistorischen Wert haben, besitzt die rekonstruierte Langfassung mit den eingefügten Szenen nur einen eingeschränkten Wert.

Das Behind-the-scenes-Material (etwa zwölf Minuten) entstammt dem langen Making Of „La Bête Bis“, das in vollständiger Form nicht auf die DVD übernommen wurde. Es handelt sich um Material, das während der Dreharbeiten zu „La Bête“ auf 16mm gefilmt wurde. Bei einem Umzug entdeckte Borowczyk die in Vergessenheit geratenen Filmdosen. Ohne jeglichen Ton erweist es sich jedoch als höchst anstrengende und kaum informative Veranstaltung, da man nur sieht, wie die einzelnen Stabmitglieder irgendwelche Dinge sagen, ohne dass klar ist worum es geht, Borowczyk beim Umherlaufen und Gestikulieren gezeigt wird oder der Kameramann die Lichtsituation prüft. Um das Material aufzuwerten, wird immerhin jeweils die Szene des fertigen Films eingeblendet, deren Dreharbeiten gerade zu sehen sind. Die lange Fassung (etwa 100 Minuten) bleibt einem aufgrund der weisen Entscheidung des Labels Bildstörung zum Glück erspart, da die hier vorhandenen Ausschnitte bereits nachhaltig verdeutlichen, dass es sich um nahezu unguckbares Material handelt.

Das Interview mit Kameramann „Noël Véry“ (etwa sieben Minuten) beleuchtet zum einen die Dreharbeiten zu „La Bête“ sowie Borowczyks Art, mit seinen Mitarbeiten umzugehen beziehungsweise sein Arbeitstempo. Véry reflektiert sehr nüchtern und ohne falsche Ehrfurcht über seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur, die immerhin etwa 15 Jahre umfasste. Eine Bildergalerie sowie ein Trailer, bei dem ein paar explizitere Bildausschnitte mit schwarzem Kasten überdeckt sind, beschließen das Bonusmaterial auf der DVD.

Besonders erwähnenswert ist noch das sehr gute 52seitige Booklet, das mit Texten zum Film, zu Borowczyk, der Zensurgeschichte, der „La Bête“ unterworfen wurde, sowie Interviews mit Borowczyk und weiteren Beiträgen aufwartet. Die umfangreiche Sammlung mit ausnahmslos lesenswerten Texten ist vorbildlich.

Fazit

„La Bête“ gelingt es leider nicht, das für einen anderen Zusammenhang gedrehte, aber nicht verwendete Traumszenario um eine sexuelle Episode zwischen einer Frau und einem Biest mit den ergänzend geschriebenen Szenen schlüssig zu verbinden. Die zahlreichen, teilweise akribisch ausgedachten Details einer Erbschaftsgeschichte, welche den Aufhänger für das restliche Geschehen bildet, aber letztlich nur eingeschränkten Belang besitzt, zerstören die mögliche märchenhaft-mythologisch-erotische Wirkung Films. Der Traum sowie der dazugehörige psychologische Gehalt wird durch das restliche Konstrukt soweit eingeschnürt, bis ihm die Luft zum Atmen fehlt. Technisch ist die DVD gut, das Bonusmaterial vorbildlich.

Stefan Dabrock

10.10.2009

   
Originaltitel La Bête (Frankreich 1975)
Länge 94 Minuten (Pal)
Studio Bildstörung
Regie Walerian Borowczyk
Darsteller Sirpa Lane, Lisbeth Hummel, Elizabeth Kaza, Pierre Benedetti, Guy Tréjan, Roland Armontel, Marcel Dalio, u.a.
Format 1:1,66 (16:9)
Ton DD 2.0 Mono Deutsch, Französisch
Untertitel Deutsch
Extras Kurzfilm „L'Escargot de Vénus“, Entfernte Szenen, Bildergalerie, Trailer, 52seitiges Booklet
Preis ca. 22 EUR
Bewertung gescheitert, technisch gut